Nachfolge im Unternehmen planenStart der eigenen Unternehmensnachfolge planen

Die Unternehmensnachfolge ist Teil des Lebenszyklus eines Unternehmens. Doch viele Unternehmerinnen und Unternehmer tun sich schwer, rechtzeitig mit der Nachfolgeplanung zu beginnen. Mit dem Start der Nachfolgeplanung beginnt die Suche nach geeigneten Nachfolgern.

Warum die Planung der Unternehmensnachfolge häufig schwierig ist

Die Übergabe des Unternehmens aus Altersgründen ist ein zwangsläufiger Prozess. Irgendwann sind die Eigentümerinnen und Eigentümer eines Unternehmens so alt, dass sie ihr Unternehmen an andere übergeben wollen oder müssen. Der demografische Wandel macht diesen Prozess mehr und mehr zu einer Herausforderung; es stehen weniger Nachfolgende bereit. Das wird sich in den nächsten Jahren verstärkt zeigen.

Sich rechtzeitig, ab der Lebensmitte (mit etwa 50 Jahren), um seine Nachfolge zu kümmern, das ist eine der wichtigsten Empfehlungen, die alle Experten im Bereich Nachfolge den Unternehmern raten. Die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer wissen es instinktiv auch – und gehen ihre Nachfolge trotzdem nicht an.

Sicher spielen hier emotionale und psychologische Aspekte eine wesentliche und oft unterschätzte Rolle. Sie sind verbunden mit Angst vor dem Alter, dem Verlust an Anerkennung und Bedeutung und mit der Sorge, Entscheidungen zu treffen, die weit über das eigene Schaffen hinaus reichen. Das Loslassen des eigenen Lebenswerks fällt vielen schwer, vor allem ohne eine persönliche Perspektive nach der Übergabe.

Risiko bei der Nachfolge: Enge Verbindung von Familie und Unternehmen

Bedeutet das Ende des Unternehmens auch das Ende der Familie? Die Systeme Familie und das System Unternehmen sind eng verknüpft. Der Erfolg des einen bedeutet auch den Erfolg des anderen. Die Identifikation als Familienunternehmen ist groß, damit verbunden sind eine Zugehörigkeit und ein Status innerhalb der Gesellschaft.

Wenn das Unternehmen die Familie zusammengehalten hat, dann ist das Hinauszögern der Nachfolgeregelung nur verständlich. Die beiden Systeme Familie und Unternehmen sind über Jahrzehnte miteinander gewachsen und geben sich damit eine Art von Sicherheit untereinander. Sich einzugestehen, dass das Unternehmen womöglich nicht mehr zukunftsfähig ist, erfordert ehrliche Auseinandersetzung und Bilanzierung des Lebenswerks. Markt und Menschen sind ständigen Veränderungen ausgesetzt. Wird die künftige Unternehmensstrategie nicht an den jeweiligen Markterfordernissen angepasst, sondern vor allem an den Bedürfnissen der Familienmitglieder, kann es die Existenz des Unternehmens gefährden.

Trotz der unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse beider Systeme – Familie und Unternehmen – kann die Nachfolge gelingen. Insbesondere bei emotional aufgeladenen Verstrickungen zwischen Familie und Unternehmen kann mit externer, begleitender Unterstützung die Nachfolge gesichert werden. Man muss sich nicht auf sein Glück verlassen, wenn der Generationenwechsel bevorsteht nach dem Motto „wird schon klappen“. Und man muss sich nicht darauf verlassen, dass der Übergebende familienintern ein Machtwort spricht, wer zukünftig die Firma leiten soll.

Hintergrund

Nachfolge im Unternehmen systemisch betrachten

Systemisches Denken bedeutet, ganzheitlich zu denken, alle Beteiligten mit einbeziehen und auch das betroffene unternehmerische Umfeld miteinzubeziehen. Ohne alle Beteiligten zu sehen und deren Sichtweise zu berücksichtigen, werden unnötig Widerstände auftauchen und der Erfolg ausbleiben.

Es gibt nicht die eine ultimative Lösung, sondern es muss zu dem Betroffenen, hier dem Unternehmer, passen. Systemisches Denken bedeutet deswegen auch, dass es keine richtige oder falsche Sichtweise gibt, sondern nur eine subjektive.

Die Nachfolge als Veränderungsprozess birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Aus systemischer Sicht geht es vor allem darum, Ressourcen und Kompetenzen aufzudecken. Das Gute aus dem Bisherigem zielorientiert mit in die Zukunft zu nehmen. Innovationen im Unternehmen zu ermöglichen und gleichzeitig die Stärken des Unternehmens zu bewahren.

Entscheidend bei der eigenen Nachfolgeregelung ist der Faktor „Bereitschaft“.

Statistisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Familienunternehmen stillgelegt werden, als dass sie über die zweite oder dritte Generation fortbestehen. Nur etwa zehn Prozent der Familienunternehmen erreichen die dritte und etwa fünf Prozent die vierte Generation. Über die fünfte Generation hinaus schafft es rund ein Prozent.

Starke operative Abhängigkeit von einer Person als Risiko

Mit der Gründung eines Unternehmens übernehmen die Gründerin und der Gründer eine weitreichende Verantwortung. Wie diese Verantwortung im Unternehmen gelebt und wie die Unternehmensleitung geführt wird, entscheidet über den Fortbestand des Unternehmens in der Zukunft, wenn es um die Nachfolgeregelung geht. Die Erfahrung zeigt, dass das Unternehmen nicht zu stark in dieser Übergabephase von der Person der Unternehmerin oder des Unternehmers abhängen sollte. Eine zu starke operative Abhängigkeit und die enge Einbindung des Unternehmers führen dazu, dass bei einem Wechsel oder Ausfall das Unternehmen in schwieriges Fahrwasser geraten und vor große Herausforderungen gestellt werden kann.

Das erschwert die Nachfolge, da selten ein Doppelgänger gefunden wird und dies auch nicht förderlich ist. Wichtig bei der Suche einer Nachfolge ist eher das Vertrauen in diese Person. Daher ist es entscheidend, rechtzeitig das eigene Unternehmen in seinen Strukturen und Prozessen so aufzustellen, dass es operativ nicht zwingend von einer Person abhängig ist. So kann später eine Übergabe auch aus Kunden- und Lieferantensicht leichter und schneller erfolgen.

Gute und frühzeitige Vorbereitung der Unternehmensnachfolge als Grundlage für den Erfolg

Die Lebensmitte kann als Beginn der Nachfolgeplanung gesehen werden, denn jede Nachfolge und Nachfolgeregelung braucht einen individuellen Zeitplan. Von einem, über drei bis zu fünf, manchmal sogar bis zehn Jahre kann der Prozess dauern. Im Durchschnitt sollte zwischen drei und fünf Jahre vor der geplanten Übergabe mit dem Prozess gestartet werden. Zu Beginn des Nachfolgeprozesses könnten die folgenden Fragen eine erste Orientierung bieten:

  • Sind Sie als Unternehmerin oder Unternehmer bereit, sich mit Ihrer Nachfolge zu beschäftigen?
  • Wie weit sind Sie in Ihrem Nachfolgeprozess?
  • Wer kommt aus heutiger Sicht für die Nachfolge infrage?
  • Was müssen Sie bis zur Übergabe noch klären und regeln? Operativ, steuerlich und rechtlich?

Das Modell der Vier-Zimmer-Wohnung für die Unternehmensnachfolge

Bei jeder Veränderung, in der nicht nur positive Emotionen auftauchen, gehen Menschen durch einen Veränderungsprozess, der mit dem Modell der Vier-Zimmer-Wohnung dargestellt werden kann. Die folgende Abbildung 1 zeigt das Modell für den Nachfolgeprozess im Unternehmen. Das Modell basiert auf dem House of Change des schwedischen Psychologen Claes F. Janssen.

© Nachfolgebegleiter
Abbildung 1: Das Modell der Vier-Zimmer-Wohnung für die Unternehmensnachfolge (in Anlehnung an Claes F. Jansen)

Um in das Zimmer der Erneuerung zu gelangen, das heißt, das Ziel der Übergabe an den Nachfolger zu erreichen, braucht die oder der Übergebende den Fokus auf die Zukunft. Sie haben einen eigenen Lebensplan entworfen und wissen, wie sie sich ins Unternehmen zukünftig einbringen möchten.

Die Unternehmerin und der Unternehmer kommen aber nicht auf dem direkten Weg in das Zimmer der Erneuerung. Zunächst brauchen sie im Zimmer der Zufriedenheit einen Anstoß oder das Bewusstsein für die Regelung ihrer Nachfolge. Möglich ist, dass sie dann ihre Nachfolge erst einmal aufschieben, das heißt, sich im Zimmer der Verneinung befinden. Sie als Unternehmer wissen, dass eine Regelung ihrer Nachfolge die Zukunft des Unternehmens sichert, aber möchten sich den möglichen Konflikten und der Unruhe nicht stellen. Vor allem dann, wenn alles gerade gut läuft. Gefühlt: „Kein Grund für Veränderungen!“

Aus dieser Position der Stärke brauchen die Unternehmerin und der Unternehmer Gespräche mit vertrauensvollen Partnern, die Erinnerung an die persönliche Lebensplanung, Erfahrungsberichte anderer Unternehmerinnen und Unternehmer, um aus dem Zimmer der Verwirrung herauszukommen. Unternehmersein heißt oft, Entscheidungen allein zu treffen. Im Falle der Nachfolge kann ein Austausch mit anderen Partnern aber zielführend sein.

Start der Unternehmensnachfolge auf der Basis der inneren Treiber und Motive

Die Übergabe nicht als Verlust zu sehen und vor diesem Hintergrund neue Projekte zu planen, steigert die Bereitschaft, sich mit der Nachfolgeplanung im Unternehmen zu befassen. Oft reichen ein perfekter Garten, einstelliges Golfhandicap und Traum-Reisen nicht aus, um langfristig glücklich, zufrieden und erfüllt zu sein.

Denn der Unternehmerin und dem Unternehmer fällt es nicht leicht, die inneren Treiber, die Grundmotivationen, mit denen sie oder er die Firma geführt hat, zu ignorieren. Diese inneren Treiber zu kennen und benennen zu können, ist der Schlüssel, um die folgende Lebensphase erfolgreich zu planen und damit die Bereitschaft zu erhöhen, um den Nachfolgeprozess zu starten.

Bei den Betroffenen kann beobachtet werden, dass folgende Motivationen – nach dem Modell von Steven Reiss – oft verstärkt ausgeprägt sind:

  • Macht
  • Status
  • Anerkennung
  • Oder Anerkennung wenig ausgeprägt = selbstsicher
  • Unabhängigkeit
  • Oder Unabhängigkeit wenig ausgeprägt = teamorientiert

Wenn Sie Ihre Motive und Werte kennen, geben Ihnen diese Energie und Kraft für die Zeit nach der Übergabe. Diese Motive und Werte können auf verschiedenen Wegen und sehr unterschiedlich erfüllt werden. Sie sind nicht gebunden ans Unternehmersein, auch wenn Sie diese hier bislang erlebt und erfahren haben. Sie lassen sich auch in anderen Projekten, mit anderen Menschen in einem anderen Umfeld erfüllen. Dieses Selbstverständnis ermöglicht Ihnen neue Handlungsoptionen.

Hintergrund

Die Grundmotivationen nach Steven Reiss

Steven Reiss hat in umfassenden Studien über Basic Desires (Grundmotivationen) 16 verschiedenen Motivationen definiert. Mehr dazu: Reiss Profile für die berufliche Orientierung nutzen.

Praxis

Selbstverständnis zur Unternehmensnachfolge herausfinden

Zu Beginn des Nachfolgeprozesses könnten die folgenden Fragen eine erste Unterstützung bieten.

Die Antworten auf die Fragen des Fragebogens geben Aufschluss darüber, wie es um die Bereitschaft, die Nachfolge zu starten, steht.

Im ersten Schritt geht es darum, sich über sein Selbstverständnis als Unternehmer klar zu werden. Zu empfehlen ist hier ein externer Coach, der mit Ihnen Ihre Antreiber und Motive herausarbeitet, weil Sie diese für Ihre Lebensplanung nach der Übergabe brauchen. Sich Klarheit über seine Treiber Grundmotivation schaffen, eventuell sogar ein Reiss-Profil erstellen und mit einem Coach besprechen, kann hilfreich sein.

Hinweis

Experten einbinden in den Nachfolgeprozess

Bei der Suche nach geeigneten Experten spielt Vertrauen eine wichtige Rolle. Dies gilt für beide Unternehmer – für den Übergebenden und Übernehmenden. Vertrauen entsteht, wenn eine gemeinsame Sprache gesprochen wird und die Experten das Unternehmen verstehen, und auch den Menschen hinter dem Unternehmen. Gute Experten nehmen sich Zeit, Sie persönlich und das Unternehmen kennenzulernen. Es geht Ihnen als übergebender Unternehmer, nicht nur um den monetäre Anteil Ihrer Arbeit, sondern auch darum, dass Ihre Philosophie und Ihre Unternehmenswerte verstanden werden.

Und letztendlich entscheidet Ihr Bauchgefühl. Stimmt die Chemie zwischenmenschlich? Erleichternd im Prozess sind Empfehlungen anderer Unternehmer oder auch ein Austausch untereinander. Vertrauen spielt im gesamten Prozess eine wesentliche Rolle. Das Vertrauen des Unternehmers zu allen Beteiligten und auch zu sich selbst. Ohne vertrauensvolle Partner ist der Prozess der Nachfolge nicht zu managen oder birgt die Gefahr, dass er nicht erfolgreich beendet wird.

Die wichtigsten Fragen zu Motiven und Emotionen bei der Übergabe Ihres Unternehmens finden Sie in der folgenden Vorlage.

Anlässe zur Nachfolge erkennen und den Prozess starten

Anlässe, sich mit Ihrer Nachfolge zu beschäftigen, können sehr vielfältig sein. Meistens kommen sie aus dem Umfeld des Unternehmers. Die Familie, der Freundeskreis oder befreundete Unternehmerinnen und Unternehmer machen darauf aufmerksam.

Zu Beginn ist es wichtig,

  • sich einen Zeitrahmen zu setzen und einen Zeitplan zu erstellen,
  • sich persönlich als Unternehmer und das Unternehmen entsprechend darauf vorzubereiten,
  • sich Klarheit über die Ziele zu verschaffen und
  • sich für eine Nachfolgeoption zu entscheiden.

Dann geht es darum, sich rechtzeitig über die Prozessschritte klar zu werden.

Die Nachfolge in der Familie suchen

Familienintern ist es entscheidend, die Familie früh in den Prozess mit einzubeziehen. Offene Gespräche über die Nachfolge zu führen und gegenseitige Erwartungen auszusprechen. Hier ist auch mit einem längeren Zeitrahmen zu rechnen und die Ausbildung der Kinder zu berücksichtigen.

Oft ist es ein Prozess über Jahre, in der die nächste Generation Schritt für Schritt ins Unternehmen eingebunden wird. Sie sammelt Erfahrungen, vielleicht auch bei anderen Unternehmen in der Branche oder mit ein, zwei Jahren Aufenthalt im Ausland.

Erst wenn die familieninterne Übergabe nicht möglich ist, denken Unternehmer und Unternehmerinnen an eine externe Lösung.

Sie sollten sich bewusst sein, dass es keine Doppelgänger geben wird. Die Nachfolgenden werden es anders angehen als man selbst. Und das ist auch gut für das Unternehmen, um Neuerungen zuzulassen. Nur so kann ein direkter, ständiger Vergleich mit dem alten Chef vermieden werden, und etwas frischer Wind kann bei solchen gravierenden Veränderungen nicht schaden.

Mit einer motivierenden Lebensplanung macht Ihnen die Regelung Ihrer Nachfolge Freude und gibt Ihnen die nötige Kraft und Ausdauer für diesen Schritt.

Dazu im Management-Handbuch

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