Resilienz stärkenWas resiliente Menschen auszeichnet

Welche Merkmale haben resiliente Menschen? Und worin zeigt sich dies im Beruf? Resilienz ist die psychische Widerstandskraft, die bei Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt ist und sich trainieren lässt. Zur Resilienz gehören mehrere Resilienzfaktoren. Mit unserem Selbsttest wissen Sie, an welchem Resilienzfaktor Sie besonders arbeiten sollten.

Resiliente Menschen bewältigen Stress, Druck, Frust und Rückschläge besser

Wer über ein gutes „seelisches Immunsystem“ verfügt, ist für die Anforderungen des Berufs- und Privatlebens bestens gerüstet.

Der Psychologe Denis Mourlane formuliert es so: Resiliente Menschen haben die Fähigkeit, „in Drucksituationen, nach Rückschlägen und in Situationen der Ungewissheit schnell wieder aufzustehen, fokussiert zu bleiben, optimistisch zu sein und ihre Sinnhaftigkeit auch in äußerst schwierigen Situationen zu finden.“

Deshalb werden resiliente Menschen als Stehauf-Menschen bezeichnet.

Stichwort

Resilienz

In der Psychologie werden diejenigen Menschen als resilient bezeichnet, die psychisch widerstandsfähig sind. Resilienz wirkt wie ein seelisches Immunsystem, das hilft, Krisen durchzustehen oder sogar gestärkt daraus hervorzugehen.

Resiliente Personen reagieren unempfindlicher auf psychische Belastungen wie Stress oder Frust und handeln flexibler in schwierigen und sich ändernden Situationen. Die psychische Widerstandskraft ist bei Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt und lässt sich trainieren.

Was zeichnet resiliente Mitarbeiter aus?

Resilienz ist eine Eigenschaft von Menschen, die auch für Unternehmen wichtig ist. Denn resiliente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeichnen sich im Beruf durch folgende Verhaltensweisen aus:

  • Sie können ihre Emotionen steuern und so besser mit Druck und Stress umgehen. Zum Beispiel lächelt ein Flugbegleiter trotz privater Probleme seine Fluggäste an.
  • Sie lassen sich nicht von ihren Gefühlen überwältigen. Zum Beispiel ärgert sich ein Callcenter-Mitarbeiter nicht über einen wütenden Anrufer und bleibt höflich.
  • Sie haben einen realistischen Optimismus und sehen das Gute. Zum Beispiel sind resiliente Führungskräfte nachsichtiger mit ihren Mitarbeitenden, schätzen deren Fähigkeiten aber nicht zu optimistisch ein.
  • Sie lassen sich nicht von Misserfolg, Ablehnung oder Kritik unterkriegen und vertrauen auf ihre eigenen Fähigkeiten. Zum Beispiel führt ein Key-Account-Manager den Verlust eines wichtigen Kunden nicht automatisch auf sich selbst zurück. Er schätzt Erfolge und Misserfolge richtig ein.
  • Sie akzeptieren Veränderungen und erkennen ihre Handlungsspielräume. Zum Beispiel nehmen Geschäftsführer veränderte Umstände wahr und passen sich an, statt das zu tun, was sie schon immer getan haben, oder nach einem Schuldigen zu suchen.
  • Sie finden gute und realistische Lösungen, statt sich auf Probleme zu fokussieren. Zum Beispiel fördern Führungskräfte Kreativität und Innovationen im Alltag.
  • Sie lassen sich helfen und lernen aus den Fehlern anderer. Zum Beispiel treten Selbstständige einem Netzwerk bei und können so besser auf unvorhergesehene Krisen reagieren.
  • Sie übernehmen Verantwortung für ihr Handeln und begeben sich nicht in eine Opferrolle. Zum Beispiel verfolgen resiliente Mitarbeiter ein Ziel, weil sie etwas bewirken wollen, sind engagiert und nehmen gerne Herausforderungen an.
  • Sie sind körperlich und seelisch gesund. Damit sind resiliente Mitarbeiter auch leistungsfähiger und seltener krank.

Die drei wichtigsten Resilienzfaktoren

In der Literatur zur Resilienz werden mehrere psychologische Schutzfaktoren oder Resilienzfaktoren behandelt, deren Bezeichnung variiert. Oft werden die sieben Faktoren in Anlehnung an das Buch „The resilience factor“ der amerikanischen Forscher Karen Reivich und Andrew Shatté zitiert. Als wesentlich können folgende Bereiche gelten:

1. Emotionale Stabilität

Akzeptanz und Gelassenheit, positive Emotionen, Emotions- und Impulssteuerung, positive Selbstwahrnehmung: gesundes Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein, Selbstliebe, Selbstsicherheit.

2. Kognitive Fähigkeiten

Selbstwirksamkeitserwartung, realistischer Optimismus, Kausalanalyse, Lösungs- und Zielorientierung, Kontrollüberzeugung und Verantwortungsbewusstsein, Zukunftsorientierung, Kohärenzgefühl.

3. Interaktionale Faktoren

Soziale Unterstützung, Netzwerkorientierung und Empathie.

Wie nehmen resiliente Menschen Probleme wahr?

Schwierige Situationen werden von resilienten Menschen als weniger bedrohlich wahrgenommen, sie finden bessere Bewältigungsstrategien und vertrauen auf deren Erfolg.

Die meisten Schutzfaktoren haben den positiven Nebeneffekt, zu einem höheren (körperlichen) Wohlbefinden und zu mehr Zufriedenheit beizutragen. Resilienz ist also nicht nur bei der Bewältigung von Belastungssituationen, sondern auch im Alltag hilfreich. 

Welche Faktoren beeinflussen die Resilienz?

Die einzelnen Faktoren verstärken einander. Zum Beispiel unterstützt das Erleben positiver Emotionen das Gefühl, soziale Beziehungen als unterstützend zu erfahren. Die Stärkung eines einzelnen Schutzfaktors macht jedoch noch nicht widerstandsfähig.

Jürgen Bengel und Lisa Lyssenko fassten für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung den Stand der Forschung zur Resilienz zusammen und nennen als Charakteristik des Konzepts: Resilienz ist ...

  • dynamisch: Resilienz entwickelt sich prozesshaft im Zeitverlauf und im Wechselspiel mit der Umwelt.
  • variabel: Resilienz kann je nach Lebensphase variieren.
  • situationsspezifisch: Nicht die Situation ist ausschlaggebend, wie stark die Resilienz ausgeprägt ist, sondern die Wahrnehmung derselben und deren subjektiv empfundene Bedrohung.
  • multidimensional: Resilienz kann je nach Bereich verschieden sein.

Wie kann man Resilienz messen?

Wie resilient ein Mensch ist, kann mithilfe von Fragebögen ermittelt werden. Die Forscher Karen Reivich und Andrew Shatté entwickelten das Verfahren „Resilience Factor Inventory“, das den Resilienzquotienten bestimmt und die Werte mit denen einer Gesamtstichprobe vergleicht.

Diese Tests werden eingesetzt, um die Eignung von Mitarbeitenden zu testen. Den Resilienzquotienten zu kennen, ist gerade in Berufsfeldern, die hohem Druck und Stress ausgesetzt sind, besonders nützlich.

Wie wird Resilienz trainiert?

In ihrer Kindheit erwerben Menschen bestimmte Fähigkeiten, die zur inneren Widerstandsfähigkeit beitragen. Faktoren wie eine enge, positive, emotionale und vertrauensvolle Bindung zu mindestens einer Bezugsperson oder ein wertschätzender, respektvoller, ermutigender und unterstützender Umgang mit dem Kind – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Familie – fördern die Resilienz.

Die Fähigkeiten, die resilienten Kindern zu einer positiven Entwicklung verhelfen, können auch Erwachsene erlernen. Die amerikanische Psychologenvereinigung stellt dazu sogar eine Anleitung zur Stärkung der Resilienz auf ihrer Internetpräsenz vor. „The road to resilience“ enthält folgende Punkte:

  • Akzeptieren Sie Veränderungen als Teil des Lebens.
  • Betrachten Sie Krisen als überwindbare Probleme.
  • Arbeiten Sie an einem positiven Selbstbild.
  • Entschließen Sie sich zum Handeln.
  • Streben Sie die Verwirklichung Ihrer Ziele an.
  • Bewahren Sie eine optimistische Erwartungshaltung.
  • Sorgen Sie für sich selbst.
  • Schätzen Sie Situationen nüchtern ein.
  • Versuchen Sie, „sich selbst zu finden“.
  • Bemühen Sie sich um soziale Beziehungen.

Berater und Trainer greifen für ihre Übungen zur Steigerung von Resilienz auf Techniken und Methoden der Verhaltenspsychologie, der Positiven Psychologie und des Neurolinguistischen Programmierens (NLP) zurück. So können einzelne Schutzfaktoren entwickelt werden.

Und es können Fähigkeiten eingeübt werden, „Krisen im Lebenszyklus unter Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklung zu nutzen“ – wie es die Organisationsberaterin Rosmarie Welter-Enderlin formuliert.

Praxis

Selbst-Check: Wie resilient sind Sie?

Lesen Sie die typischen Aussagen in der folgenden Checkliste, die für verschiedene Resilienzfaktoren stehen.

Bewerten Sie sie auf einer Skala von 1 bis 10 (1 = nicht zutreffend; 10 = völlig zutreffend).

Je weniger Punkte Sie sich im Durchschnitt für die Schutzfaktoren gegeben haben, desto stärker sollten Sie Ihren Fokus auf die Bearbeitung dieser Aspekte legen.

In den folgenden Abschnitten dieses Handbuch-Kapitels werden die einzelnen Resilienzfaktoren oder Schutzfaktoren genauer erläutert. Und Sie erfahren, wie Sie den jeweiligen Schutzfaktor trainieren und stärken können.

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