MitarbeiterbindungMaßnahmen und Instrumente der Mitarbeiterbindung

Retention Management zur Mitarbeiterbindung setzt vor allem an den betrieblichen Rahmenbedingungen, am Führungsverhalten und der Arbeitsgestaltung an. Außerdem nutzt es einen Strauß von Maßnahmen zur Personalentwicklung. Lesen Sie, welche Handlungsfelder, Instrumente und Maßnahmen es für Mitarbeiterbindung gibt.

Wo Mitarbeiterbindung und Retention Management ansetzen

Mitarbeiterbindung im Unternehmen funktioniert dann, wenn die Bedürfnisse und Anforderungen des einzelnen Mitarbeiters vom Unternehmen erfüllt werden. Diese Bedürfnisse und Anforderungen sind für jeden Einzelnen unterschiedlich – je nach Persönlichkeit oder Lebenssituation. Manche suchen Herausforderungen, neue Aufgaben und wollen Karriere machen; andere brauchen Sicherheit, ein gutes Einkommen und Zeit für die Familie.

Deshalb sollten alle Instrumente und Aktivitäten zur Mitarbeiterbindung aus einem Strauß unterschiedlicher Maßnahmen bestehen. Sie lassen sich folgenden Bereichen (mit Beispielen) zuordnen:

  • Rahmenbedingungen: Image des Unternehmens, Standort des Unternehmens (Erreichbarkeit), Betriebsklima, Branche, Größe des Unternehmens, Verhalten von Führungskräften, Teamgeist, Verhalten von Kolleginnen und Kollegen, Angebote zur Kinderbetreuung, Technik, Betriebsrestaurant
  • Persönliche Entwicklungsmöglichkeiten: Aufgaben, Verantwortung, Einarbeitung, Weiterbildung, Mitarbeit in Projekten, Anerkennung der Leistungen (Feedback), Karrieremöglichkeiten, Work-Life-Balance, Betreuung von Kindern oder Pflegebedürftigen in der Familie
  • Formale Regelungen: unbefristeter Arbeitsvertrag, Entgelt, Arbeitszeiten, Altersvorsorge, Möglichkeit für Home-Office, Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit, zusätzliche Leistungen (Dienstwagen, ÖPNV-Ticket, Smartphone, Urlaubsregelungen etc.)

Die Liste an Maßnahmen und Beispielen lässt sich mit einiger Kreativität im Personalmanagement leicht fortsetzen. Wichtig ist, dass die Maßnahmen für die einzelne Mitarbeiterin und den einzelnen Mitarbeiter von Bedeutung sind, dass er oder sie die Maßnahme schätzt und sie zur Motivation, zur Leistungssteigerung, zur Loyalität und damit letztlich zur Mitarbeiterbindung beiträgt. Im Folgenden werden einige dieser Maßnahmen genauer vorgestellt.

Mitarbeiterbindung beginnt vor der Einstellung von Mitarbeitern

Mitarbeiterbindung oder Personalbindung beginnt bereits vor der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags. Die Beziehungspflege zu Praktikanten, Studierenden, Bewerberinnen und Bewerbern oder auch zu Kunden und Personen im Umfeld der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine gute Voraussetzung für die langfristige Bindung. Der Grund: Potenzielle Mitarbeiter können bereits vor ihrer Bewerbung abgleichen, ob ihre Erwartungen an das Unternehmen befriedigt werden.

Die passgenaue Rekrutierung von Mitarbeitern setzt ein professionelles Auswahlverfahren voraus. Transparenz bezüglich Arbeitgeberimage, Unternehmenskultur und der Angebots- und Entgeltpolitik unterstützen dabei die Eintrittsentscheidung von Bewerbern. Die Erwartungen, die ein Bewerber im Vorfeld im Hinblick auf den Arbeitsplatz im Unternehmen entwickelt, werden dann in den ersten Monaten mit der Realität abgeglichen. Deshalb muss das Unternehmen darauf achten, dass die Versprechungen im Vorfeld, später auch eingehalten werden. Die Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung vor der Einstellung von Mitarbeitern tragen auch später auch einen wichtigen Teil zur Bindung des bestehenden Mitarbeiterstamms bei.

Rekrutierung loyaler und motiverter Mitarbeiter

Im Rahmen der Personalauswahl als ein Instrument der Mitarbeiterbindung geht es darum zu ermitteln, ob und inwiefern die Anforderungen von Arbeitsplatz und Unternehmen einerseits mit der Eignung und den Erwartungen eines Menschen andererseits zueinanderpassen. Dabei sollte ein Abgleich bezüglich folgender Aspekte erfolgen:

  • Fähigkeiten des Mitarbeiters – Arbeitsanforderungen
  • Interessen, Bedürfnisse, Werthaltungen des Mitarbeiters – Befriedigungspotenzial am Arbeitsplatz
  • Entwicklungspotenzial des Mitarbeiters – Veränderungen am Arbeitsplatz

Mithilfe der Eignungsdiagnostik wird geprüft, welcher Mitarbeiter oder welche Mitarbeiterin zum Arbeitsplatz passt. Dazu werden Interviews geführt, Tests durchgeführt, Fragebögen ausgefüllt oder Kandidaten beobachtet (Assessment-Center, Probezeit). Besondere Anforderungen werden an Beschäftigte gestellt, die Führungsverantwortung tragen oder übernehmen. Mehreren Faktoren zeichnen eine gute Führungskraft aus:

  • Führungssituation: Kultur des Landes, Branche, Organisationsstruktur, Organisationskultur, Funktion, Größe der geführten Gruppe, Art der Legitimation
  • Person der Führungskraft: Intelligenz, soziale Kompetenz, Methodenkompetenz
  • Führungsverhalten: Führungsstil, Interpretation der Führungsrolle, Vorbildverhalten
  • Führungserfolg: Verhalten der geführten Mitarbeiter (Zufriedenheit, Engagement, Loyalität) sowie betriebswirtschaftlicher Erfolg (Unternehmensziele werden erreicht)
Tipp

Professionelle Bewerberauswahl und Personalrekrutierung

In den Handbuch-Kapitel zur Personalbeschaffung und zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter erfahren Sie, worauf Sie achten und wie Sie vorgehen sollten, damit Sie die passenden Bewerberinnen und Bewerber finden und diese in der Einarbeitungsphase von Ihrem Unternehmen überzeugen.

Arbeitgeberimage und Unternehmensattraktivität

Anspruchsvolle Bewerberinnen und Bewerber suchen sich ihr Unternehmen aus, weshalb das Arbeitgeberimage – wie übrigens auch der Stellenwert und die Reputation von Produkt und Branche – für die Entscheidung über Eintritt und Verbleib zentral ist. Der Arbeitnehmer kann daran die Übereinstimmung mit seinen Zielen, Normen und Werten prüfen und abwägen, ob und wie seine individuellen Bedürfnisse im Unternehmen erfüllt werden.

Für Unternehmen gilt also: Wer im Wettbewerb um die Besten die Nase vorne haben will, muss verstärkt auf das Image achten. Nur wer sich klar positioniert, aus der Masse abhebt und ein einzigartiges Profil entwickelt, ist für High Potentials attraktiv. Die Entwicklung einer Marke, die sogenannte Employer Brand, fördert die affektive Hinwendung des Bewerbers zu einer Organisation und eignet sich für ein zielgruppenspezifisches und prägnantes Auftreten. Um die Employer Brand bekanntzumachen und als Organisation in der Zielgruppe wahrgenommen zu werden, gehört eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit zur Entwicklung der Marke. Dazu können diese Instrumente eingesetzt werden:

  • Firmenwebseite beziehungsweise Jobseiten des Unternehmens
  • „Kunden-Services” für die Bewerber: Nutzerfreundlichkeit, Effizienz und Transparenz des Bewerberprozesses
  • Teilnahme an Jobmessen
  • Halten von Vorträgen zum Beispiel an Universitäten
  • Ausschreibung von Wettbewerben
  • Angebot von Praktika und Projektwochen
  • Veranstaltungen wie Tag der offenen Tür
  • Interviews oder Artikel in Regionalzeitungen und Fachzeitschriften
Stichwort

Employer Branding

Employer Branding (deutsch: Arbeitgebermarkenbildung) ist eine strategische Maßnahme, bei der Konzepte aus dem Marketing insbesondere der Markenbildung angewandt werden, um ein Unternehmen insgesamt als attraktiven Arbeitgeber darzustellen und von anderen Wettbewerbern im Arbeitsmarkt positiv abzugrenzen. Das Ergebnis ist die Arbeitgebermarke (englisch: Employer Brand), also die vom Unternehmen gezielt gestaltete Art und Weise, wie ein Unternehmen im Arbeitsmarkt als Arbeitgeber wahrgenommen wird.

Unternehmenskultur und Betriebsklima

Die Unternehmenskultur und das Betriebsklima sind genauso wie der Teamgeist und die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen wichtige Einflussfaktoren für die Mitarbeiterbindung. Hier erlebt jeder einzelne Beschäftigte, ob das Unternehmen, seine Ziele und Werte, die Normen und Regeln sowie das Verhalten der anderen zu dem passen, was er selbst für wichtig hält und erwartet.

Gerade besondere und starke Unternehmenskulturen haben oft eine polarisierende Wirkung auf Bewerber und Mitarbeiter: Entweder man findet die Kultur attraktiv und schätzt sie – oder man findet sich überhaupt nicht darin zurecht. Beides hat große Wirkung auf die Mitarbeiterbindung.

Aktivitäten, Instrumente und Maßnahmen, die über Unternehmenskultur, Betriebsklima und Teamgeist die Mitarbeiterbindung stärken wollen, müssen auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen:

Grundannahmen und Normen

Das sind die – oft unsichtbaren und nicht hinterfragten – Verhaltensformen, Einstellungen, Überzeugungen, Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen in der Belegschaft eines Unternehmens. Sie drücken sich aus im Verhalten, in Gesprächen, in der Motivation und im Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Ebenen des Unternehmens.

Werte und Strategien im Unternehmen

Damit werden alle unternehmerischen Ziele, Visionen, Leitbilder und Strategien zusammengefasst, die das Handeln im Unternehmen und allen seinen Fachbereichen prägen. Sie drücken sich beispielsweise aus im Kundenservice, in der Kostenorientierung, bei Innovationen, aber auch in der Personal- und Umweltpolitik des Unternehmens.

Artefakte und Symbole im Unternehmen

Die Unternehmenskultur wird über Artefakte und Symbole für alle Beschäftigten sichtbar und erlebbar. Sie zeigt sich auf dieser Ebene in der Architektur, den Büroräumen und Werkstätten, bei der Kleidung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei der Kommunikation (Titel, Du- oder Sie-Ansprache), in gemeinsamen Ritualen wie dem Mittagessen mit dem Team in der Kantine und vielem mehr.

Wenn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit allen diesen Elementen der Unternehmenskultur nicht (mehr) zurechtkommen, dann ist die Mitarbeiterbindung gefährdet. Das passiert vor allem dann, wenn von der Geschäftsleitung ein Kulturwandel initiiert wird, mit dem der Mitarbeiterstamm nicht unbedingt einverstanden ist. Beispiel: „Ab Morgen duzen wir uns alle.“ Genauso kann es passieren, dass zwischen der propagierten und erlebten Unternehmenskultur Diskrepanzen gibt, die manche Mitarbeiter nicht aushalten – und deshalb kündigen. Beispiel: Führungskräfte beschwören den Teamgeist, gleichzeitig kommt es immer wieder zu Mobbing und sozialem Druck.

Tipp

An der Unternehmenskultur arbeiten

In den Handbuch-Kapiteln zur Unternehmenskultur und zum Change-Management erfahren Sie, welche Stellhebel und Maßnahmen geeignet sind, um die genannten Bereiche im Sinne der besseren Mitarbeiterbindung zu gestalten und zu verändern.

Faires Gehalt und Möglichkeiten zur Entwicklung

Eine positive Einstellung gegenüber dem Arbeitgeber entwickelt sich, wenn das gesamte Leistungspaket des Unternehmens für den Mitarbeiter stimmt. Dieses Leistungspaket beinhaltet neben einem fairen Gehalt und angemessenen und passenden Zusatzleistungen auch ein personalwirtschaftliches Dienstleistungsangebot. Das muss regelmäßig an die Bedürfnisse des Arbeitnehmers angepasst werden. Hinweise auf (veränderte) Erwartungen bei den Beschäftigten können Mitarbeiterbefragungen geben.

Mögliche Instrumente und Maßnahmen der Mitarbeiterbindung aus dem Bereich Gehalt und Weiterentwicklung können sein:

Angemessene Vergütung, leistungsorientierte und variable Entlohnung

Die Grundlage für eine motivierte Belegschaft ist eine faire Vergütung. Der Monatslohn ist zwar kein entscheidendes Kriterium für die Bindung an das Unternehmen, zahlt der Arbeitgeber allerdings deutlich unter dem Branchendurchschnitt, ist die Bereitschaft zum Jobwechsel groß.

Zielerreichungsprämien oder freiwillige Neben- und Zusatzleistungen können zusätzlich zum Gehalt gezahlt werden. Während Prämien bei Erreichen eines vereinbarten Ziels als zusätzliches Monatsgehalt gezahlt werden, können Leistungen auch immateriell sein oder in Form von Sachleistungen ausgegeben werden. Beliebte Instrumente der Mitarbeiterbindung sind zum Beispiel:

  • betriebliche Altersvorsorge
  • flexible Arbeitszeiten
  • attraktive Modelle zur Planung der Lebensarbeitszeit
  • Personenversicherungen
  • Gehaltsfortzahlungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus
  • bezahlte Weiterbildung
  • zusätzlicher Urlaub 
  • Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder für Pflegebedürftige

Kompetenzen fördernde Weiterbildungsmöglichkeiten und Weiterbildungsangebote

Mit der Umsetzung von Maßnahmen der Personalentwicklung profitieren Unternehmen einerseits von motivierten Beschäftigten, die damit im Unternehmen gehalten werden können. Andererseits werden das Leistungs- und Qualifikationsniveau erhöht und die für das Unternehmen relevanten Kompetenzen gefördert.

Für Unternehmen ist wichtig, einen Ausgleich zwischen den Mitarbeiterbedürfnissen (Talente, Interessen, Ziele) und den Bedürfnissen des Unternehmens (Prioritäten, Schlüsselkompetenzen, gegenwärtige Anforderungen) zu schaffen. Eine Strategie, wonach Stärken und Talente gefördert werden, ist erfolgreicher als eine, die auf die Beseitigung von Defiziten und Schwächen abzielt. In diesem Zusammenhang sollte auch ein Schwerpunkt auf der Förderung von selbstgesteuertem und eigenverantwortlichem Lernen liegen. Der Nachteil solcher Maßnahmen der Mitarbeiterbindung ist jedoch die steigende Arbeitsmarktfähigkeit besonders ehrgeiziger Beschäftigter, womit sich das Abwanderungsrisiko erhöht. Aus diesem Grund ist das Zusammenspiel mit anderen Bindungsinstrumenten unerlässlich.

Leistungsgerechte Aufstiegschancen und Nachfolge in Führungspositionen

Ein strategisches Nachfolge-Management für frei werdende Führungsstellen setzt voraus, dass die betroffenen Stellen und Führungspersonen identifiziert werden. Dann muss geklärt werden, welche dieser Stellen in welchem Zeitraum (wieder) besetzt werden muss; zum Beispiel aufgrund von Fluktuation oder aus altersbedingten Gründen.

Dann müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen gefunden werden, die diese Stellen besetzen können und besetzen wollen. Diese werden im Rahmen des Talentmanagements genau auf diese neuen Führungsaufgaben vorbereitet.

Entscheidungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten

Gute Fachkräfte möchten sich mit ihrer Arbeit identifizieren, möchten einen eigenen Verantwortungsbereich übernehmen und initiativ handeln. Maßnahmen der Mitarbeiterbindung sind dann:

  • Mehr Verantwortung übertragen bei der Erfüllung von Aufgaben
  • Freiräume mit Kreativitätspotenzial aufzeigen und einräumen
  • Mitsprache im Unternehmen ausweiten

Diese Maßnahmen fördern außerdem die Selbstständigkeit, Produktivität,  Leistungsbereitschaft und das Engagement der Beschäftigten.

Tipp

Planung von Weiterbildung und Personalentwicklung

Im Handbuch-Kapitel zur Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfahren Sie, wie Sie Seminare-, Trainings-, Coachings- und andere Varianten der individuellen Weiterbildung planen und gestalten und wie sich die Betroffenen richtig darauf vorbereiten.

Welche anderen Möglichkeiten es für die Weiterentwicklung im Unternehmen gibt und wie Sie dies planen und beschreiben, lesen Sie im Handbuch-Kapitel zum Thema Personalentwicklungskonzept.

Neue Mitarbeiter einarbeiten, integrieren und binden

Die Einführung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ein Team, eine Abteilung oder in das Unternehmen wird in der Praxis oft stiefmütterlich behandelt und mehr nach dem Zufallsprinzip angegangen. Sie ist nicht durchdacht und nicht vorbereitet. Allzu oft sitzt der neue Kollege dann erst einmal herum und weiß nicht so recht, was er eigentlich tun soll. Seine Chefin hat gerade heute keine Zeit, und die anderen Beschäftigten drücken sich vor der Einarbeitung ihres neuen Kollegen.

Beim Neuen erzeugt das ein mulmiges Gefühl. Handelt es sich für ihn doch um eine intensive und kritische Phase: Er hat vielleicht ein vertrautes Umfeld verlassen, muss sich in einer neuen Situation behaupten und ein soziales Netzwerk aufbauen. Der erste Eindruck kann so getrübt werden, denn in dieser Zeit gleicht er die Realität im Unternehmen mit seinen Erwartungen besonders intensiv ab.

Was der neue Mitarbeiter noch nicht kennen kann, muss durch Transparenz im Arbeitsumfeld vermittelt werden, da sonst Spannungen zwischen Anspruch und Wirklichkeit entstehen. Damit Betroffene das Unternehmen nicht wieder schnell verlassen, sondern sich in ihre neue Position einfinden und einen Bezug zur „neuen beruflichen Heimat“ herstellen, ist eine intensive, geplante und geführte Einarbeitung und Integration notwendig. Deshalb lohnt sich als Instrument der Mitarbeiterbindung die richtige Vorbereitung und Planung des Einstiegs einer neuen Mitarbeiterin oder eines neuen Mitarbeiters. Im Vordergrund stehen:

  • Der Mitarbeiter soll sich schnell wohlfühlen und schnell integriert werden.
  • Er braucht alle wichtigen Informationen und muss alles Wichtige kennenlernen.
  • Die Technik, die er braucht, muss funktionieren.
  • Der Mitarbeiter kann sich schnell einarbeiten und produktiv sein.
  • Das Unternehmen kann bis zum Ende der Probezeit die Leistung einschätzen.

Manche Unternehmen haben dafür eine spezielle Einführungsbroschüre, eine Dokumentation oder ein ausführliches Handbuch „Für neue Kolleginnen und Kollegen“ entwickelt, das sie mit dem Einstieg des Mitarbeiter übergeben. Doch es muss sich auch jemand kümmern. Das ist die Aufgabe jeder Führungskraft.

Dafür gibt es die folgenden, bewährten Möglichkeiten zur Gestaltung des Prozesses zur Mitarbeitereinführung; sie sind gleichzeitig wichtige Maßnahmen der Mitarbeiterbindung:

  • institutionalisiertes, maßgeschneidertes Einführungsprogramm
  • Welcome-Einführungstag mit Vorstellungsrunden
  • spezielle Informationsveranstaltungen zu ausgewählten Themen
  • Schulungsprogramme und Einführungsworkshops
  • Probezeitgespräche und Feedbackgespräche
  • Mentorenprogramm mit Anlaufstellen bei Fragen und Problemen
  • Pate (Hauptbetreuung und Begleitperson während der Einführung)
  • Zielvereinbarungen und Aufgaben mit schnellen Erfolgserlebnissen
Tipp

Neue Mitarbeiter gut einarbeiten und dadurch binden

Im Handbuch-Kapitel zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter finden Sie zahlreiche Methoden und Maßnahmen, damit die ersten Tage im Unternehmen für die betroffenen Mitarbeiter zum Erfolgserlebnis werden.

Führungsverhalten und Führungsinstrumente

Das wirksamste und nachhaltigste aller Instrumente zur Mitarbeiterbindung ist zugleich das kostengünstigste: die Führungspersönlichkeit und das Führungsverhalten der direkten Vorgesetzten. Dabei müssen diese keine Top-Führungstalente sein, sondern über einige, also nicht einmal unbedingt alle, jener Kompetenzen verfügen, welche die Mitarbeiterbindung entscheidend beeinflussen. Das sind:

  • positives Menschenbild
  • Wertschätzung, Anerkennung und Lob von Leistungen
  • talentorientierte Förderung
  • Bieten von Herausforderungen und interessanten Aufgaben
  • Einbezug in Entscheidungen und Meinungsbildung
  • aktive Mitgestaltungsmöglichkeiten mit den notwendigen Freiräumen

Im Unternehmensalltag sind vor allem die Führungskräfte erfolgreich, die flexibel agieren. Jede Aufgabe, Situation und jeder Mensch erfordert eine andere Aktion: Mal gilt es zu loben, mal zu korrigieren, ein anderes Mal ist die Unterstützung bei der Aufgabenerfüllung nötig, mal muss die Führungskraft sich bewusst zurücknehmen. Ein individuell ausgerichteter, situativer Führungsstil sieht nicht vor, alle Beschäftigten gleich zu behandeln, sondern richtet sich nach Kompetenz, Leistungsbereitschaft und Selbstbewusstsein der Beschäftigten. Führungskräfte, die keinen idealtypischen Führungsmodellen folgen, bringen dem Mitarbeiter das entgegen, was ihm am meisten nützt und ihn unterstützt.

Das Führungssystem des Unternehmens sollte transparent und authentisch als Führungsphilosophie veröffentlicht sein. Dazu gehören auch der Einsatz moderner Führungsinstrumente und die Übernahme von Führungsaufgaben wie:

  • Übertragung von Verantwortungsbereichen
  • Feedback 
  • Mitarbeitergespräch
  • Zielvereinbarung zu Entwicklungsmöglichkeiten

Arbeitsinhalte und Arbeitsgestaltung

Bewerberinnen und Bewerber suchen sich die Unternehmen aus, die am besten zu ihren Bedürfnissen passen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben bei denen, die gute organisatorische und strukturelle Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Arbeiten bieten sowie für persönliche Grundwerte und Lebensziele der Beschäftigten beachten. Die folgenden Instrumente, die Unternehmen einsetzen können, um Arbeitsinhalt, Arbeitsumfeld und Arbeitsorganisation zu gestalten, gehören zu einem erfolgreichen Retention Management und sind damit Maßnahmen der Mitarbeiterbindung.

Arbeitsinhalte attraktiv gestalten

Spannende, herausfordernde, interessante und abwechslungsreiche Aufgaben und Projekte, mit denen Mitarbeiter ihre Fähigkeiten und Talente einsetzen und beweisen können, sichtbare Resultate und Erfolge erzielen, den Sinn und Beitrag zum Unternehmensganzen (er)kennen und „in deren Aufgaben aufgehen“ – das gehört zu den wichtigsten Bindungsfaktoren überhaupt. Das Engagement kann sich bei ein und derselben Person je nach Aufgabe, Ziel und Projekt allerdings ändern – und auch die Anforderungen an die Arbeitsinhalte sind je nach Kompetenz, Talent, Persönlichkeit und Motivationsprofil individuell und unterschiedlich. Attraktive Aufgaben und Arbeitsinhalte zu bieten, ist eine Frage der Mitarbeiterführung, der Organisation und der Flexibilität im Unternehmen. Alle Maßnahmen zu den Arbeits- und Aufgabeninhalten sollten zudem mit der Personalentwicklung abgestimmt werden, damit Mitarbeiter nicht überfordert werden.

Sinn, Zweck und Purpose der Aufgaben sichtbar machen

Mitarbeiter sollten außerdem wissen, für wen sie welchen Nutzen stiften und welchen Beitrag sie leisten. Sinngebende Tätigkeiten, Ziele und Perspektiven sind vor allem bei anspruchsvollen Mitarbeitern, die mehr als eine volle Lohntüte und einen sicheren Arbeitsplatz erwarten, von großer Bedeutung. Bei den Perspektiven sind es vor allem Laufbahn- und Entwicklungsaspekte, und bei Zielen helfen Zielvereinbarungen als Führungsinstrument; sie machen den Zweck der jeweiligen Aufgaben und Arbeiten sichtbar.

Mitarbeiter wollen verstehen, welchen Beitrag sie für das Unternehmen leisten (können) und warum ihre Aufgaben und Arbeiten wichtig sind. Dazu muss sichtbar werden, welche Ziele, Strategien und Werte das Unternehmen verfolgt und was Geschäftsmodell und Zweck der einzelnen Prozesse sind. Dies wird in jüngster Zeit mit dem Begriff „Purpose“ zusammengefasst. Wenn dieser für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verständlich und attraktiv ist, trägt dies zur Mitarbeiterbindung bei.

Ob Mitarbeiter ihre Arbeit als sinnstiftend erleben, hat viel mit der Unternehmenskultur zu tun, die den Alltag des Unternehmens und den Umgang von Mitarbeitern untereinander prägt und in Werten wie Respekt, Vertrauen, Wertschätzung, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit zum Ausdruck kommt.

Flexible Arbeitszeitgestaltung und Arbeitszeitmodelle

Schon heute und in Zukunft wohl noch stärker gehören attraktive und flexible Arbeitszeitmodelle zu den größten Pluspunkten der Arbeitgeber-Attraktivität mit erheblichem Einfluss auf die Mitarbeiterbindung. Wer Mitarbeiter an sein Unternehmen binden oder neue Fachkräfte gewinnen will, für den sind innovative Arbeitszeitmodelle nahezu unverzichtbar. Mitarbeiter, die eigenverantwortlich die Verteilung ihrer Arbeitszeit mitbestimmen können, arbeiten motivierter – dies zeigen Untersuchungen. Eine flexible Arbeitszeitgestaltung ist sogar oft einer der wichtigsten Gründe, einem Unternehmen treu zu bleiben. Mitarbeiter haben größere Zeitspielräume, können den Ablauf ihrer Tätigkeit mit beeinflussen und private und familiäre Interessen stärker berücksichtigen. Ein Schwerpunkt sollte demnach auch auf maßgeschneiderten Work-Life-Balance-Angeboten liegen.

Arbeitsplatz und Arbeitsgestaltung

Ziel der Arbeitsgestaltung ist es, die Arbeit an den Menschen anzupassen. Meistens werden dabei ergonomische Anforderungen an den Arbeitsplatz betrachtet. Letztlich geht es aber um Physiologie, Ergonomie und Psychologie gleichermaßen. Hierbei spielen zunächst Fragestellungen zu Pausenplanung, Arbeitssicherheit, Arbeitsgeschwindigkeit oder Umwelteinflüsse (Lärm, Staub, Klima) eine Rolle.

Darüber hinaus sind aber auch Aspekte wichtig wie der richtige Einsatz von Führungsinstrumenten (Zielvereinbarungen, Feedbackgespräche), Vergütungsregelungen, Handlungsspielräume, die Transparenz von Entwicklungsmöglichkeiten und die Möglichkeit, im Rahmen vorgegebener Ziele zu planen. Wenn die Arbeit richtig gestaltet ist, kann das die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter und die Identifikation mit dem Unternehmen fördern.

Stressvermeidung und Gesundheitsmanagement

Ein häufig vernachlässigter Aspekt der Arbeitsgestaltung ist die Vermeidung von Stress, der auf Zeit- und Leistungsdruck zurückzuführen ist. Führungskräfte und Arbeitgeber nehmen dabei eine Vorbildfunktion ein. Wie Unternehmen mit Stress umgehen, ist ein Teil der Unternehmenskultur.

Betriebliches Gesundheitsmanagement kann nicht nur bei Stress, sondern auch bei anderen Belastungen am Arbeitsplatz präventiv wirken. Es kann die Arbeitszufriedenheit steigern und als ein Teil eines zukunftsfähigen Bindungsmanagements eingesetzt werden.

Praxis

Passende und loyale Mitarbeiter einstellen

Schon bei der Beurteilung und Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern sollten Sie darauf achten, dass deren Erwartungen und Anforderungen zu dem passen, was Ihr Unternehmen verspricht und dann auch leisten kann. Das ist Voraussetzung dafür, dass Sie loyale Mitarbeiter einstellen, die sich an Ihr Unternehmen gebunden fühlen.

Überprüfen Sie vor diesem Hintergrund, wie in Ihrem Unternehmen Rekrutierung, Personalauswahl und die Beurteilung von Bewerbungen durchgeführt werden:

  • Welche Instrumente zur Personalauswahl und Bewerberbeurteilung nutzen Sie?
  • Inwiefern sind dort Aspekte der Mitarbeiterloyalität und der Mitarbeiterbindung eingebaut?
  • Wo sehen Sie Defizite?
  • Was könnte in Bezug auf die Passgenauigkeit von Bewerberinnen und Bewerbern verbessert oder verändert werden?

Nutzen Sie für Ihre Überprüfung die folgende Vorlage, in der verschiedene Instrumente für die Personalauswahl und die Personalbeurteilung zusammengestellt sind.

Arbeitgeber-Stärken kommunizieren und Unternehmensimage pflegen

Überprüfen Sie die Kommunikation Ihres Unternehmens in Bezug auf die Stärken als Arbeitgeber:

  • Welche Stärken Ihres Unternehmens sind für potenzielle Mitarbeiter attraktiv?
  • Welche besonderen Merkmale machen Ihr Unternehmen unverwechselbar?
  • Was müssen Sie kommunizieren, um potenzielle Mitarbeiter langfristig zu halten?

In der folgenden Checkliste finden Sie Beispiele und Anregungen für die Formulierung von Arbeitgeber-Stärken.

Unternehmenskultur und Betriebsklima

Machen Sie sichtbar, was die Unternehmenskultur und das Betriebsklima Ihres Unternehmens oder Ihres Teams auszeichnet. Prüfen Sie, ob Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine positive Einstellung gegenüber Ihrem Unternehmen entwickeln können, weil Sie die gleichen Werte und Normen haben, weil sie hinter den Zielen, Zwecken und Strategien Ihres Unternehmens stehen und weil der tägliche Umgang miteinander und die Regeln und Gepflogenheiten zu dem passen, was die Mitarbeiter von einem Unternehmen erwarten.

Um die dafür wichtigen Merkmale der Unternehmenskultur und des Betriebsklimas zu erkennen und zu vergleichen, sollten Sie folgende Aspekte beachten:

  • Sammeln Sie Stichworte, die unbewusste und unsichtbare Grundannahmen Ihrer Organisationskultur beschreiben und benennen. Hinterfragen Sie diese und holen Sie die Sichtweise von Außenstehenden ein.
  • Beobachten Sie Abläufe und Verhaltensweisen in Ihrer Organisation über einen längeren Zeitraum und notieren Sie Ihre Eindrücke.
  • Machen Sie eine Kommunikationsanalyse, indem Sie offizielle und inoffizielle Gespräche sowie Dokumente in Ihrer Organisation und Ihrem Team auswerten.
  • Beschreiben Sie typische Handlungsweisen, Verhalten und Aussagen des Top-Managements.

Nutzen Sie hierfür die folgende Vorlage.

Neue Mitarbeiter betreuen, integrieren und binden

Überprüfen Sie, was in Ihrem Unternehmen bislang geplant und vorbereitet wird, wenn eine neue Mitarbeiterin oder ein neuer Mitarbeiter einsteigt:

  • Wer kümmert sich um die entsprechende Person?
  • Was tun Sie im Einzelnen, damit sich der neue Mitarbeiter schnell zurechtfindet, Kontakte knüpfen kann und erste Erfolge erzielt?
  • Wo sind beim bisherigen Ablauf zur Einarbeitung der Neuen die Defizite?

Nutzen Sie hierfür die folgende Checkliste sowie den folgenden Einarbeitungsplan.

Führungsverhalten und Führungsinstrumente

Analysieren und charakterisieren Sie Führungsstile Ihrer Führungskräfte und die Führungsphilosophie(n) in Ihrem Unternehmen. Klären Sie dazu folgende Fragen:

  • Wo sehen Sie Stärken und wo Schwächen der Führungskräfte?
  • Welche Führungskräfte sind positive und welche negative Vorbilder?
  • Was sagen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über ihre Vorgesetzten?
  • Wo kommt es oft zu Konflikten zwischen Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten?
  • Welche Führungsinstrumente wie Zielvereinbarungen, Zielklausuren, Mitarbeitergespräche, Aufgabendelegation und Feedbackgespräche werden genutzt?
  • Welche Führungskräfte nutzen solche Instrumente? Welche nicht?

Stellen Sie eine entsprechende Liste zusammen und benennen Sie die Defizite. Im Management-Handbuch finden Sie dazu im Bereich „Führung“ zahlreiche Handbuch-Kapitel mit Checklisten und Vorlagen. Vergleichen Sie Ihre Analyse insbesondere mit den Hinweisen aus dem Kapitel zur Führungskompetenz. Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage.

Instrumente der Mitarbeiterbindung auf dem Prüfstand

Stellen Sie zusammen, welche besonderen Angebote, Services, Entgelte oder andere Vorteile Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bieten, damit Ihr Unternehmen für sie attraktiv bleibt. Prüfen Sie:

  • Wie werden die einzelnen Angebote und Maßnahmen wahrgenommen?
  • Von wem werden die Angebote und Maßnahmen wahrgenommen?

Nutzen Sie die folgende Checkliste, in der Sie eine Reihe von Instrumenten der Mitarbeiterbindung finden.

Trotz aller Maßnahmen, die Sie für die Mitarbeiterbindung umsetzen, kann es immer wieder dazu kommen, dass Mitarbeiter Ihr Unternehmen oder Ihr Team verlassen – oder Sie sich von einem Mitarbeiter trennen wollen. Dann sollten Sie das Ausscheiden und die Trennung (Kündigung) richtig vorbereiten und durchführen. Dazu zählen insbesondere, dass Sie das Wissen des betroffenen Mitarbeiters sichern und dass die Trennung fair verläuft. Dann auch die verbleibenden Mitarbeiter verfolgen sehr genau, wie Sie sich von anderen trennen – und leiten daraus ihr Maß an Loyalität zu Ihrem Unternehmen ab. Lesen Sie im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels, wie Sie bei einer Trennung vorgehen.

Dazu im Management-Handbuch

Weitere Kapitel zum Thema