Auszubildende und Praktikanten betreuen und führenWelche Vorteile Ausbildungsbetriebe haben und welche Bedingungen erfüllt sein sollten
Das Leistungsvermögen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestimmen, die Persönlichkeit beeinflussen und den Bedarf an Fachkräften sichern – diese Möglichkeiten haben vor allem die Unternehmen, die junge Menschen ausbilden oder Praktika ermöglichen. Denn sie prägen damit eine wichtige Lebensphase. Insbesondere die Frage, wie Unternehmen und Verantwortliche diese Zeit gestalten, entscheidet über die Vorteile der Ausbildungsarbeit und damit über den Nutzen nicht nur für die jungen Menschen, sondern für das gesamte Unternehmen. Denn eine gut organisierte Betreuung eröffnet Ausbildungsbetrieben viele Chancen.
Welche Chancen Ausbildungsbetriebe haben
Von folgenden Vorteilen profitieren Ausbildungsbetriebe:
Passgenaue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden
Junge Menschen erlernen genau die Kompetenzen, die eine Position im jeweiligen Unternehmen in der entsprechenden Abteilung erfordert. Zudem eignet sich die Ausbildungs- aber auch die Praktikumszeit für Lehrlinge und Kollegen, um die Basis einer weiteren Zusammenarbeit zu prüfen.
Fachkräfte sichern
Wer ausbildet, macht sich ein Stück weit vom Arbeitsmarkt unabhängig, kann die besten Talente aufspüren und eine neue Fachkraft bereits in der Ausbildungsphase an sich binden. Wird ein Arbeitsplatz frei, kann die Besetzung der Stelle zeitnah organisiert und die spezifischen Fähigkeiten des Lehrlings können berücksichtigt werden.
Betriebswirtschaftliche Vorteile
In der Regel ist es günstiger, auf eigene Auszubildende zurückzugreifen, statt neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu rekrutieren. Das liegt am niedrigeren Gehalt der Berufseinsteiger sowie an der geringeren Einarbeitungszeit. Außerdem sind Lehrlinge und Praktikanten Führungskräften und Mitarbeitern bekannt, was das Risiko einer Fehleinstellung mindert. Und Auszubildende arbeiten bereits in ihrer Lernphase produktiv im Unternehmen mit.
Neue Impulse
Auszubildende und Praktikanten sorgen regelmäßig für frischen Wind im Betrieb. Sie hinterfragen oft Routinen und bringen neue Ideen mit. Außerdem sichern Ausbildungsunternehmen die Qualität der Ausbildung, indem sie beispielsweise ihre Technologien auf den neuesten Stand bringen. Dieses Engagement wirkt sich positiv auf langjährige Mitarbeiter aus.
Imagegewinn
Das Unternehmen zeigt Mitbewerbern, (potenziellen) Kunden und Mitarbeitern, dass es in der Lage ist, den Nachwuchs zu fördern und dass es Verantwortung übernimmt. Ausbildungsbetriebe genießen sowohl in der Branche als auch in der Region ein hohes Ansehen. Zudem können Praktika eine Marketing-Investition sein. Und im Wettbewerb ist es ein Signal: Wir denken an die Zukunft und sind stark genug, um Ausbildungsplätze anzubieten.
Oft fühlen sich Auszubildende und Praktikanten als billige Arbeitskräfte oder Ideenlieferanten. Damit sie sich unterstützt fühlen, rät die Personal- und Organisationsentwicklerin Marion Genth in ihrem Gastbeitrag für business-wissen.de:
„Gehen Sie Ausbildungen und Praktika genau so an wie wichtige und teure Projekte: geplant, strukturiert und mit einer „Projektgruppe“ und einem Leiter, der die Steuerung und Kommunikation übernimmt, die Einhaltung der Planung im Auge behält und termin- und zielgerecht das Projekt beendet.“
Rahmenbedingungen für das Ausbildungsangebot prüfen
Bevor Sie Auszubildende oder Praktikanten einstellen, sollten Sie folgende Fragen klären:
- Steht ein Arbeitsplatz zur Verfügung?
- Können Sie Mitarbeiter abstellen, die sich um die Betreuung des Auszubildenden/ Praktikanten kümmern?
- Haben Sie selbst die Zeit, sich um Auszubildende/ Praktikanten zu kümmern und sie in die Arbeitsumgebung einzuführen?
- Wie viele Auszubildende/ Praktikanten können Sie aufnehmen? Wie lange sollte ein Praktikum in Ihrem Unternehmen dauern?
- Wie ist der Ausbildung- beziehungsweise Praktikumsplatz aufgebaut und was genau können Sie dem jungen Mitarbeiter bieten (Lernprogramme, Vergütung)? Wie sind die Zukunftsaussichten für den Beruf, für den Sie ausbilden oder in dem Sie Praktika anbieten?
Voraussetzungen für die Ausbildung
Die Berufsausbildung soll „die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit)“ vermitteln. So beschreibt es das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Dazu muss im Unternehmen eine geeignete Person zur Verfügung stehen. Es ist zu unterscheiden:
Ausbilder
Der Ausbilder führt die Ausbildung des Lehrlings durch und ist dafür nach innen (gegenüber der Betriebsleitung) und außen (zum Beispiel gegenüber der Handwerkskammer) verantwortlich. Dazu muss er berufs- und arbeitspädagogisch geeignet sein. Ein Nachweis ist zu erbringen (eine Ausnahme gilt für die Freien Berufe).
Ausbildender
Ausbildender ist, wer Lehrlinge einstellt. Das kann eine juristische Person sein. Der Ausbildende ist Vertragspartner des Lehrlings. Wenn er als Ausbilder geeignet ist, kann er die Ausbildung durchführen.
Ausbildungshilfskräfte
Ausbildungshilfskräfte sind Personen, die einzelne Ausbildungsinhalte vermitteln, weil der Ausbilder oder der Ausbildende die Ausbildung zum Beispiel aufgrund der Betriebsgröße oder der Anzahl der Lehrlinge nicht in vollem Umfang durchführen kann.
Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO)
Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und die Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) regeln die Voraussetzungen, die ein Ausbilderbetrieb erfüllen muss. Die Ausbildungsberechtigung erhält der Betrieb von der zuständigen Kammer.
Ziele eines Praktikums
Ein Praktikum ermöglicht Einblicke in den Arbeitsalltag, gibt Orientierung auf dem Arbeitsmarkt und stellt Kontakte her. Praktikanten lernen ihre Stärken und Schwächen besser einschätzen und erwerben neue Fähigkeiten. Damit entwickeln sie ihr persönliches Berufsprofil. Es gibt verschiedene Arten von Praktika:
- Schnupperpraktika während der Schulzeit,
- freiwillige Praktika, die vom Betrieb organisiert werden,
- Pflichtpraktika wie Praxissemester oder Anerkennungspraktika.
Rechte und Pflichten bei der Berufsausbildung
Vor Beginn der Berufsausbildung muss ein schriftlicher Ausbildungsvertrag abgeschlossen sein. Bei minderjährigen Auszubildenden müssen die Erziehungsberechtigten diesen unterschreiben. Außerdem muss der Vertrag der zuständigen Kammer vorgelegt werden, damit er geprüft und im Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse registriert werden kann. Das BBiG regelt alle für das Ausbildungsverhältnis wesentlichen Punkte:
Rechte und Pflichten der Auszubildenden
Sorgfältige Ausführung von Verrichtungen
Sorgfältige Verrichtung der Aufgaben im Rahmen der zweckgebundenen Berufsausbildung.
Erholungspflicht
Unterlassung jeder dem Urlaubszweck widersprechenden Erwerbstätigkeit während des Urlaubs.
Behandlung der Ausbildungsmittel
Pflegliche Behandlung der ihm zur Verfügung gestellten Ausbildungsmittel und sonstigen Einrichtungen der Ausbildungsstätte.
Berichtsheftführung
Ordnungsgemäße Führung und regelmäßige Vorlage des vorgeschriebenen Berichtshefts.
Einhalten der Ordnung
Beachtung der für die Ausbildungsstätte geltenden Ordnungsvorschriften.
Weisungen
Nachkommen von Weisungen weisungsberechtigter Personen.
Lernpflicht
Erwerb von Fertigkeiten und Kenntnissen für das Erreichen des Ausbildungsziels.
Berufsschulunterricht
Teilnahme am Berufsschulunterricht und aktives Bemühen um den Erwerb der angebotenen Lernstoffe.
Benachrichtigung
Unverzügliche Benachrichtigung bei Fernbleiben von der betrieblichen Ausbildung, vom Berufsschulunterricht oder von sonstigen Ausbildungsveranstaltungen unter Angabe von Gründen; bei Krankheit oder Unfall Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung spätestens am dritten Tag.
Geheimhaltungspflicht
Bewahrung von Stillschweigen über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.
Kündigung
Fristlose oder ordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Vier-Wochen-Frist.
Rechte und Pflichten des ausbildenden Unternehmens
Übertragung von Verrichtungen
Die zu übertragenden, auszuübenden Verrichtungen dürfen ausschließlich dem Ausbildungszweck dienen und müssen den körperlichen Kräften des Azubis angemessen sein.
Vergütungspflicht
Zahlung einer angemessenen Vergütung.
Urlaub
Gewährung eines möglichst zusammenhängenden Urlaubs nach Maßgabe der gesetzlichen oder tariflichen Bestimmungen.
Bereitstellung von Ausbildungsmitteln
Kostenloses Bereitstellen von Ausbildungsmitteln, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen erforderlich sind.
Berichtsheftkontrolle
Kostenfreie Aushändigung der Berichtshefte und Überwachung der ordnungsgemäßen Führung durch regelmäßige Abzeichnung.
Aufsichtspflicht
Beaufsichtigung minderjähriger Auszubildender während der betrieblichen Ausbildung.
Benennung weisungsberechtigter Personen
Bekanntgabe der weisungsberechtigten Personen an den Azubi.
Ausbildungspflicht
Planmäßige Vermittlung der Fertigkeiten und Kenntnisse, die zum Erreichen des Ausbildungszieles erforderlich sind.
Freistellung
Anhalten für den Besuch der Berufsschule und Freistellung für deren Besuch.
Zeugnis
Ausstellung eines Zeugnisses bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses.
Kündigung
In der Probezeit: Jederzeit und ohne Einhalten einer Kündigungsfrist. Die Kündigung erfolgt schriftlich. Für Schwangere, Schwerbehinderte oder Mitglieder der Jugendvertretung gilt auch in der Probezeit ein besonderer Kündigungsschutz.
Nach der Probezeit: Fristlose Kündigung aufgrund von schweren Pflichtverletzungen des Auszubildenden. Die Pflichtverletzungen müssen detailliert beschrieben werden. Eine vorherige Abmahnung ist Voraussetzung.
Rechte und Pflichten beim Praktikum
Schüler und Studierende im Pflichtpraktikum
Schüler und Studierende im Pflichtpraktikum haben weder ein Anrecht auf eine Vergütung noch auf ein qualifiziertes Zeugnis, das die Tätigkeiten und die Leistungen innerhalb der Praktikumszeit dokumentiert. Hier reicht ein einfaches Zeugnis, also eine Bescheinigung über die Beschäftigung im Unternehmen.
Diese Gruppe hat auch keinen Anspruch auf Urlaub. Hier greift das Arbeitsrecht nicht. Denn Praktikanten sind laut Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 5. August 1965, 2 AZR 439/64) keine Arbeitnehmer. Allerdings gilt: Sobald das Praktikum ein Ausbildungsverhältnis im Sinne des BBiG aufweist, ist eine Vergütung fällig. Bei Absolventen eines Pflichtpraktikums entfällt die Sozialversicherungspflicht.
Tipp: Vergüten Sie das Praktikum
Die freiwillige Zahlung eines Lohns honoriert das Interesse am Unternehmen und die Leistung des Praktikanten. Es kann das Engagement des Praktikanten steigern und Pluspunkte für das Unternehmensimage bringen, zum Beispiel durch den Erhalt von Gütesiegeln wie „Fair Company“. Und je mehr sich für ein Praktikum bei Ihnen im Unternehmen interessieren, desto mehr Talente können Sie kennenlernen.
Schüler und Studierende im freiwilligen Praktikum
Freiwillige Praktikanten müssen wie volle Arbeitskräfte behandelt werden. Eine angemessene Vergütung (Aufwandsentschädigung oder Unterhaltsbeihilfe) ist zu bezahlen. Nach Abschluss des Praktikums bekommen sie ein Zeugnis. Für sie gilt das BBiG.
Allen Praktikanten stehen ein sicherer Arbeitsplatz und reguläre Pausenzeiten zu.
Rahmenbedingungen für Ausbildung und Praktikum prüfen
Prüfen Sie die Rahmenbedingungen in Ihrem Unternehmen: Können Sie Auszubildende oder Praktikanten einstellen? Nutzen Sie zur Klärung dieser Frage die folgende Checkliste.