ArbeitsrechtArbeitsrecht für Führungskräfte – ein Überblick
- Vertragliche Regelungen beachten
- Gesetzliche Regelungen zum Arbeitsrecht
- Rechtsprechung als Richtschnur
- Grundsatz der Gleichbehandlung beachten
- Arbeitszeit: Wie lange müssen und dürfen die Beschäftigten arbeiten?
- Müssen Führungskräfte Überstunden leisten?
- Teaminterne Urlaubsplanung
- Arbeitsrechtliche Sanktionen sorgfältig auswählen
- Homeoffice und Mobiles Arbeiten
- Besondere Regeln für Azubis
- 2 Vorlagen im Praxisteil
Vertragliche Regelungen beachten
Das Arbeitsrecht hat viele Facetten. Dabei fällt es nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. Das liegt auch daran, dass das Arbeitsrecht nicht kompakt in einem Regelwerk zu finden ist, sondern dass arbeitsrechtlich relevante Vorschriften über zahlreiche Gesetze hinweg „verstreut“ sind. Daneben spielen die Vereinbarungen in Arbeitsverträgen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen eine wichtige Rolle.
Arbeitsvertrag
Die wichtigsten Arbeitsbedingungen und Vereinbarungen sind in aller Regel im Arbeitsvertrag festgelegt. Dieser enthält normalerweise Details zur Arbeitszeit, zum Gehalt, zum Urlaubsanspruch und zu den Kündigungsfristen.
Tarifvertrag
Ebenso sollten Sie sich kundig machen, ob Tarifverträge auf die Arbeitsverhältnisse Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anwendbar sind – und wenn ja, welche Vereinbarungen im Tarifvertrag festgehalten sind. Tarifverträge enthalten unter anderem Regelungen zur Vergütung inklusive Zusatzleistungen, zu Sonderzahlungen, zum Urlaubsanspruch und zur Arbeitszeit.
Betriebsvereinbarung
In vielen Unternehmen existieren zudem Betriebsvereinbarungen mit wichtigen Regelungen, die das Arbeitsverhältnis betreffen, zum Beispiel zu Arbeitszeitmodellen, zur Kleiderordnung im Betrieb oder zum Verfahren beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement.
Gesetzliche Regelungen zum Arbeitsrecht
Gesetzliche Vorschriften mit arbeitsrechtlichem Bezug finden sich im:
- Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
- Grundgesetz
sowie in zahlreichen Spezialgesetzen, wie zum Beispiel hier:
- Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
- Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
- Mutterschutzgesetz (MuSchG)
- Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
- Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)
- Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
- Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
- Berufsbildungsgesetz (BBiG)
- Sozialgesetzbuch IX (SGB IX)
Hinweis: Diese Gesetze gelten in Deutschland. Für Österreich und die Schweiz gibt es ebenfalls entsprechende Gesetze, die aber zum Teil andere Einzelbestimmungen enthalten.
Gesetz oder Vertrag – was hat Vorrang?
Im Arbeitsrecht gilt das sogenannte Günstigkeitsprinzip.
Das bedeutet: Eine vertragliche Abmachung hat Vorrang, wenn sie die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer im Vergleich zur gesetzlichen Regelung besserstellt. Ist die vertragliche Vereinbarung für den Beschäftigten ungünstiger, geht die gesetzliche Regelung vor.
Rechtsprechung als Richtschnur
Insbesondere die Urteile des Bundesarbeitsgerichts gelten als Richtschnur in arbeitsrechtlichen Fragen. Mitunter macht auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) wichtige Vorgaben, die das Arbeitsrecht betreffen.
Insofern lassen sich aus der Rechtsprechung, den Entscheidungen der Gerichte, wichtige Erkenntnisse für eventuell vergleichbare Fälle im eigenen Unternehmen gewinnen.
Grundsatz der Gleichbehandlung beachten
Im Umgang mit den Mitarbeitenden müssen Sie durchgängig den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Das bedeutet: Sie dürfen eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter im Vergleich zu den Arbeitskollegen nicht grundlos benachteiligen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Diskriminierungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (AGG), das übrigens nicht nur im laufenden Arbeitsverhältnis, sondern schon vorher gegenüber Bewerberinnen und Bewerbern zu beachten ist.
Arbeitszeit: Wie lange müssen und dürfen die Beschäftigten arbeiten?
Die individuelle Arbeitszeit ist meistens im jeweiligen Arbeitsvertrag festgeschrieben. Manchmal kommt es vor, dass Mitarbeitende über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeiten, also Überstunden machen.
Überstundenausgleich
Sofern die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder geduldet wurden, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Ausgleich der Überstunden, entweder in Form von Freizeit oder in Form von Geld.
Zu beachten ist: Es dürfen nicht uferlos Überstunden gemacht werden. Im Arbeitszeitgesetz ist eine Höchstarbeitszeit festgelegt, die eingehalten werden muss.
Überstunden anordnen
Das Weisungsrecht des Arbeitgebers genügt in aller Regel nicht, um die Mitarbeitenden zu Überstunden zu verpflichten. Möchten Sie Überstunden anordnen, bedarf es dazu entweder
- einer wirksamen schriftlichen Regelung im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder
- dem Einverständnis der betroffenen Beschäftigten.
Nur in Notfällen – zum Beispiel, wenn Überstunden notwendig sind, um die Existenz des Unternehmens zu retten – darf der Arbeitgeber die Beschäftigten kraft seines Weisungsrechts zu Überstunden verpflichten.
Überstunden dulden
Arbeitgeber müssen Überstunden nur vergüten (oder in Freizeit ausgleichen), wenn die Überstunden angeordnet oder ausdrücklich oder stillschweigend geduldet wurden.
„Dulden“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber weiß, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin Überstunden macht, und dies über einen längeren Zeitraum hinweg hinnimmt und auch keine Gegenmaßnahmen trifft.
Müssen Führungskräfte Überstunden leisten?
Ob Führungskräfte für ihr Unternehmen Überstunden leisten müssen, hängt von zwei Bedingungen ab:
- Ist die Führungskraft ein leitender Angestellter, dann kann das Unternehmen Überstunden erwarten, ohne dass es dafür eine gesonderte betriebliche Vereinbarung bedarf.
- Bekommt die Führungskraft ein hohes Gehalt, kann damit abgedeckt sein, dass die Führungskraft Überstunden leisten muss und diese auch nicht gesondert entgolten bekommt.
Ob also Sie als Führungskraft Überstunden bei Bedarf leisten müssen und ob diese automatisch erwartet werden können, hängt von Ihrer Stellung und Ihren Befugnissen sowie von der Höhe Ihres Gehalts ab.
Teaminterne Urlaubsplanung
Als Führungskraft sind Sie für die Koordination der teaminternen Urlaubsplanung verantwortlich. Wer wann seinen Jahresurlaub nimmt, sollten Sie rechtzeitig im Team abstimmen und planen.
Aus Gründen der Transparenz ist es zu empfehlen, interne Regeln für die Urlaubsplanung festzulegen. Nicht zuletzt sollten Sie die geltende Rechtslage zum Urlaubsanspruch zumindest in den Grundzügen kennen.
Arbeitsrechtliche Sanktionen sorgfältig auswählen
Nicht immer verläuft ein Arbeitsverhältnis reibungslos. Wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter wiederholt zu spät zur Arbeit erscheint, ihm immer wieder fachliche Fehler unterlaufen oder wenn er durch unkollegiales Verhalten den Betriebsfrieden stört, dann sind Sie als Führungskraft gefordert. Sie müssen angemessen reagieren.
Wichtig ist dabei, das richtige Maß zu finden. Oft ist es angebracht, zunächst das Gespräch mit dem betreffenden Mitarbeiter zu suchen. Bevor Sie mit einer Kündigung reagieren, müssen Sie stets prüfen, ob mildere Mittel zur Verfügung stehen, die für den Mitarbeiter weniger belastend sind als eine Kündigung.
Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter fehlt unentschuldigt bei der Arbeit. Hier ist es geboten, den Mitarbeiter zunächst zu ermahnen oder abzumahnen, damit er die Chance bekommt, sein Verhalten in Zukunft zu bessern.
Wenn alle milderen Mittel ausgeschöpft sind, kann unter Umständen eine Kündigung gerechtfertigt sein. Bei einer schwerwiegenden Verfehlung des Mitarbeitenden kann sogar eine fristlose Kündigung rechtens sein. Dies kommt auf den Einzelfall an.
Homeoffice und Mobiles Arbeiten
Die Arbeit von zu Hause aus hat sich in den vergangenen Jahren in vielen Branchen und Unternehmen etabliert. Dabei wurden zahlreiche Modelle entwickelt, die unterschiedliche Interessen berücksichtigen.
Die Rechtslage sieht so aus: Arbeitgeber können frei entscheiden, ob sie ihren Angestellten das Arbeiten von zu Hause ermöglichen oder nicht. Einen Rechtsanspruch auf Homeoffice haben die Beschäftigten nicht. Ebenso wenig dürfen Arbeitgeber die Mitarbeitenden gegen deren Willen ins Homeoffice schicken.
Besondere Regeln für Azubis
Wenn Sie ein Ausbildungsbetrieb sind, sollten Sie darüber Bescheid wissen, dass für Auszubildende arbeitsrechtlich einige Sonderregeln gelten.
Beispiele: Sonderregeln für Auszubildende
- Für Auszubildende gilt eine spezielle Mindestvergütung, die vom gesetzlichen Mindestlohn abweicht.
- Das Jugendarbeitsschutzgesetz ist zu beachten.
- Nach Ablauf der Probezeit darf einem Auszubildenden nur dann gekündigt werden, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt.
Arbeitsrechtliche Aufgaben als Führungskraft lösen
Für Sie als Führungskraft stellen sich immer wieder Fragen, es tauchen Aufgaben oder Problemfälle auf, die mit arbeitsrechtlichen Fragen verknüpft sein können: Beispiele sind:
- neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen
- Arbeitsverträge erstellen und vereinbaren
- Mitarbeitende informieren
- auf die Einhaltung von Vorschriften und Regeln achten
- Anweisungen geben
- Konflikte und Streitigkeiten lösen
- problematisches Verhalten von Mitarbeitenden unterbinden
- Urlaubsregelungen treffen
- Gehaltsfragen klären
- Umgang mit Überstunden und Mehrarbeit regeln
- bei schlechter Arbeitsleistung aktiv werden
- Arbeitsverträge beenden, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin kündigt
- Beschäftigten kündigen
- Zeugnisse schreiben
Prüfen Sie dann zunächst, ob es im einzelnen Arbeitsvertrag Regelungen zum entsprechenden Thema gibt.
Klären Sie anschließend, ob es in Ihrem Unternehmen eine Betriebsvereinbarung gibt, die dieses Thema behandelt. Prüfen Sie auch, ob Sie den Betriebsrat bei dieser Frage informieren, konsultieren oder um Entscheidung bitten müssen.
Gibt es Tarifverträge, an die Ihr Unternehmen gebunden ist? Sind dort Vereinbarungen getroffen, die für Ihren Fall relevant sind?
Schließlich sollten Sie klären, welche Gesetze oder welche Verordnungen für den jeweiligen Fall relevant sind und was dementsprechend zulässig und nicht zulässig ist.
Was Sie im Hinblick auf Stellenanzeigen und Bewerbungen beachten müssen
- Stellenanzeige genderneutral und diskriminierungsfrei gestalten
- Bestimmte Fragen im Bewerbungsgespräch sind tabu
- Absagen an nicht berücksichtigte Bewerber diskriminierungsfrei formulieren
In der folgenden Vorlage finden Sie die wichtigen Regeln und gesetzlichen Vorgaben, die Sie bei Stellenanzeigen und Bewerbungen beachten müssen. Halten Sie in der Vorlage fest, wie Sie dies im Einzelfall in Ihrem Unternehmen umsetzen, worauf Sie besonders achten wollen und was noch zu klären ist.

Was Sie vor und bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern beachten müssen
- Die wichtigsten Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag festlegen; insbesondere Aufgabengebiet, Tätigkeit, Vergütung, Arbeitszeit und Urlaub
- Festlegen, ob das Arbeitsverhältnis befristet oder unbefristet abgeschlossen werden soll
- Über wichtige gesetzliche Vorschriften, die für das Arbeitsverhältnis relevant sind (zum Beispiel Arbeitsschutzvorschriften), informieren
- über Betriebsvereinbarungen und betriebsinterne Regeln informieren
Worüber Sie neue Mitarbeiter zu Beginn des Arbeitsverhältnisses informieren müssen
- System zur Arbeitszeiterfassung
- Regelungen zur Arbeitszeitkontrolle
- Pausenregelung im Betrieb
- Betriebsinterne Regelungen zur Urlaubsplanung
- Sonstige innerbetriebliche Regelungen, zum Beispiel Kleiderordnung, Compliance-Vereinbarungen etc.
- Relevante Arbeitsschutzvorschriften
- Umgang mit Dienstreisen (Beantragung, Spesenabrechnung etc.)
In der folgenden Checkliste sind alle Aspekte und Themen benannt, über die Sie neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informieren müssen.
Halten Sie in der Tabelle fest, welche Regeln es zu den genannten Punkten in Ihrem Unternehmen im Detail gibt. Und notieren Sie, was Sie noch vorbereiten, prüfen, klären, recherchieren und zusammenstellen müssen, damit Sie als Führungskraft die Neuen in Ihrem Team richtig und vollständig informieren.

Außerdem: Erläutern Sie, wo die aushangpflichtigen Gesetze zu finden sind. Weitere Erläuterungen dazu finden Sie unter: Diese Gesetze müssen Unternehmen aushängen.
Was Sie tun müssen, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt wird
- Prüfen, ob Kündigungsfrist eingehalten wurde
- Festlegen, wann genau der letzte Arbeitstag sein soll
- Wenn Resturlaub vorhanden ist: Klären, ob dieser noch genommen werden kann oder ob der Urlaub ausbezahlt werden muss
- Wenn das Arbeitszeitkonto im Plus ist: Klären, wie und wann diese Stunden abgebaut werden
- Arbeitszeugnis verfassen und dem Mitarbeiter vorab zur Durchsicht zukommen lassen
Oft müssen Sie weitere Modalitäten zur Abwicklung des Arbeitsverhältnisses klären; zum Beispiel:
- Wann und wo muss der Dienstwagen zurückgegeben werden?
- Ist eine Freistellung des Mitarbeiters bis zum Vertragsende vorgesehen?
- Wird eine Abfindung gezahlt?
Was Sie tun müssen, bevor Sie einem Mitarbeiter kündigen
- Festlegen, welche Art der Kündigung infrage kommt
- Sicherstellen, dass die Kündigung rechtlich einwandfrei ist
- Kündigungsfrist beachten
Weitere Bestimmungen rund ums Arbeitsrecht
Als Vorgesetzter, Vorgesetzte oder Führungskraft sollten Sie weitere Bestimmungen und Gesetze kennen, die Ihre Zusammenarbeit mit Ihren Mitarbeitenden betreffen. Diese sind in den folgenden Ratgebern erläutert: