Was ist ein Projektaudit?

Bei einem Projektaudit wird ein laufendes Projekt analysiert und bewertet. Die Auditorin oder der Auditor gilt als neutrale Instanz, die entweder extern beauftragt wird oder dem Unternehmen angehört.

Geprüft wird, ob und inwieweit der tatsächliche Projektfortschritt mit der Planung übereinstimmt. Außerdem analysieren die Projektauditoren: Sind Verbesserungen nötig, um das Projekt (doch noch) erfolgreich abzuschließen?

Sie führen ein Projektaudit entweder pro forma durch (seltener) oder wenn in einem laufenden Projekt ein akutes Problem auftritt und dadurch ein Misserfolg wahrscheinlich ist (häufiger).

Das Projektaudit wird manchmal bezeichnet als:

  • Projektanalyse
  • Projektprüfung
  • Projektreview
  • Projektrevision
  • Projektüberprüfung

Obwohl diese Begriffe nicht das Gleiche bedeuten, werden sie in der Praxis mitunter verwendet, wenn man über ein Projektaudit spricht.

Wie läuft ein Projektaudit ab?

Häufig besteht das Projektaudit aus sieben Phasen:

  1. Termin-, Kosten- und Leistungsplan werden vom Auditor eingesehen und beurteilt. Diese Phase dient der Orientierung.
  2. Die Expertin oder der Experte ermittelt den Fortschritt des Projekts und den bisherigen Verbrauch an Ressourcen.
  3. Der Auditor analysiert: Wie viele Ressourcen werden noch gebraucht, um das Projekt rechtzeitig und erfolgreich abzuschließen?
  4. Abweichungsanalyse: Man klärt, warum dem ursprünglichen Plan nicht entsprochen wird oder werden kann.
  5. Sie prüfen die Plausibilität: Wie stehen die Erfolgsaussichten? Und: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser oder jener Fall eintritt?
  6. Chancen und Risiken werden erfasst, bewertet, kommuniziert und diskutiert.
  7. Ein Maßnahmenkatalog wird erstellt, um mit einem veränderten Vorgehen das Projekt in die richtigen Bahnen zu lenken.

Warum wird ein Projektaudit durchgeführt?

Jedes Projektaudit ist mit Aufwand verbunden. Es wird deshalb dann durchgeführt, wenn sich die Unternehmensleitung, der Lenkungskreis eines Projekts oder die Projektleitung einen Vorteil davon versprechen. Sie verbinden mit dem Projektaudit Erwartungen und wollen Antworten auf Fragen wie:

  • Im Projektverlauf sind zahlreiche Risiken aufgetaucht, die Projektziele haben sich verändert: Ist das Projekt unter den veränderten Rahmenbedingungen noch sinnvoll?
  • Es gibt keine Transparenz zu Status, Strukturen, Prozessen und Zusammenarbeit im Projekt: Wie kann die Transparenz (wieder) hergestellt werden?
  • Die Ziele und die Strategie des Unternehmens haben sich verändert: Trägt das Projekt mit seinen Inhalten dazu etwas bei?
  • Ein Projekt ist aus dem Ruder gelaufen: Welche Maßnahmen helfen, zeitnah zu Verbesserungen zu führen? Wie wird der Projekterfolg (noch) gesichert?
  • Es gibt eine Fülle von Projekten im Unternehmen: Wie läuft dieses Projekt ab? Wird es erfolgreich gemanagt?

Auditoren gelten als neutrale Außenstehende, die weniger emotional agieren, fachlich versiert und erfahren sind. Sie suchen nach Antworten auf diese Fragen, ohne etwas zu beschönigen und ohne eigene Ziele zu verfolgen. Das Audit und seine Ergebnisse können zudem die Zusammenarbeit und Reflexion im Projektteam verbessern.

Wann wird ein Projektaudit durchgeführt?

Projektaudits werden nicht nur ausgeführt, weil ein laufendes Projekt zu scheitern droht. Sie werden auch zu folgenden Zeitpunkten und Anlässen durchgeführt:

  • Lenkungskreis, Stakeholder, Auftraggeber oder Kunden wollen wissen, wo das Projekt steht. Sie bitten deshalb zu einem beliebigen Zeitpunkt im Projekt um ein Audit und einen zusammenfassenden Bericht.
  • Im Rahmen der Geschäftsplanung werden Budgets für Bereiche und Projekte (neu) verhandelt. Da die Budgetplanung meist im Herbst stattfindet, werden die Projekte vorher auditiert, um zu ermitteln, welches Budget im nächsten Jahr benötigt wird.
  • Ein neues, großes Projekt startet und die Projektbeteiligten haben nicht genügend Erfahrung. Nach Erreichen des ersten Meilensteins wird ein Projektaudit durchgeführt, um Erkenntnisse aus dem Projektverlauf zu reflektieren und als Erfahrungsschatz für den weiteren Fortgang im Projekt zu nutzen.
  • Ein wichtiges Projekt wird bald abgeschlossen. Vor Projektende will die Geschäftsleitung wissen, wie erfolgreich das Projekt verlaufen ist.
  • Unternehmen möchten generell ihr Vorgehen bei Projekten prüfen lassen und anschließend verbessern. Projektstandards, Methoden und Vorgehensweisen sollen optimiert werden. In diesem Fall spricht man auch vom Projektmanagementaudit, das regelmäßig, einmal pro Jahr für ausgewählte Projekte durchgeführt wird.

Das Projektaudit wird in der Regel von Personen aus der Führungs- und Managementebene oder vom Lenkungskreis des Projekts veranlasst; manchmal auch von der Projektleitung selbst. Der Konzernvorstand, die Geschäftsführung oder ein Projektausschuss genehmigen das Audit.

Beispiel: Fragen für ein Projektaudit zur Evaluierung der Projektarbeit

Die folgenden Fragen werden bei einem Projektaudit gestellt, bei dem die allgemeine, regelmäßig stattfindende interne Evaluierung von Projekten in einem Unternehmen bewertet und optimiert werden soll.

Allgemeiner Teil

  • Wird nach einem Projektabschluss stets ein Review durchgeführt?
  • Wie werden Teilergebnisse während der Projektlaufzeit evaluiert?
  • Wird zwischen den einzelnen Projektphasen evaluiert?
  • Wer nimmt an den Projektevaluationen teil?

Fragen zur Evaluation

  • Sind alle wichtigen Projektbeteiligten anwesend? (Dazu gehören je nach Einzelfall etwa: Projektleitung, Mitarbeitende, Auftraggeber, externe Beobachter oder Berater …)
  • Wie ist die Stimmung während der Evaluation?
  • Wie läuft die Kommunikation ab? (einseitig, alle sind beteiligt, transparent, fair, gleichberechtigt …)
  • Werden Schwächen, Fehler und Probleme offen angesprochen und sachlich kommuniziert?

Fragen zu „Lessons Learned“

  • Werden die Ergebnisse der Evaluation dokumentiert und an jene weitergeleitet, die nicht anwesend sein konnten?
  • Werden die Dokumente so abgelegt, dass man später darauf zurückgreifen und für weitere Projekte daraus lernen kann?
  • Wird sichergestellt, dass Fehler nur einmal passieren und weder im laufenden noch in den nächsten Projekten wiederholt werden?

Fragen zum Projektverlauf und Projektstatus

Entsprechend werden weitere Fragen gestellt, die sich auf den Projektverlauf beziehen. Dabei geht es insbesondere um einen Plan-Ist-Vergleich in Bezug auf Ressourceneinsatz, Zeitplan, Kosten sowie Projektleistungen und Ergebnisse. Grundlage für diese Bewertung im Projektaudit sind Kennzahlen aus dem Projektcontrolling.

Projektaudit durchführen: Methoden und Vorgehen

Zur Vorbereitung des Projektaudits sammeln externe oder interne Auditoren die wichtigsten Eckdaten zum Projekt und setzen sich damit auseinander.

Danach informieren sie Unternehmen darüber, welche weiteren Dokumente bereitgestellt werden müssen und welche Personen mit ihnen kooperieren sollten – zum Beispiel durch die Teilnahme an einem Interview oder an speziellen Projektaudit-Besprechungen.

Als Arbeitsmethoden für das Projektaudit werden eingesetzt:

  • strukturiertes Interview
  • Dokumentenanalyse
  • teilnehmende Beobachtung

Dokumentenanalyse

Alle vom Unternehmen bereitgestellten Dokumente werden gesichtet; Projektmanagement-Dokumente werden genauer analysiert. Durchgesehen werden außerdem inhaltliche Dokumente, zu denen unter anderem Verträge, Bestellungen und Protokolle gehören.

In dieser anfänglichen Phase des Projektaudits gewinnt der Projektauditor Erkenntnisse, aus denen Hypothesen entwickelt und erste Bewertungen vorgenommen werden. Falls Dokumente fehlen, weil nicht alle Schritte lückenlos dokumentiert wurden, werden Annahmen auf Basis bekannter Informationen und Erfahrung getroffen.

Im Anschluss an die Dokumentenanalyse erfolgt die Interpretation der Informationen. Es wird eine mögliche Wirklichkeit konstruiert, um eine Differenzierung zwischen Eigenbild und Fremdbild der Projektbeteiligten zu ermöglichen.

Interviews

Damit Interviews für das Projektaudit sowohl zeitsparend als auch zielführend durchgeführt werden, müssen sie vorbereitet werden. Der Projektauditor entscheidet:

  • Werden Einzel- oder Gruppeninterviews durchgeführt?
  • Wie einfach und kurz müssen die Fragen sein?
  • Wie kompliziert dürfen die Fragen sein?
  • Werden Interviews in Präsenz, per Telefon oder virtuell durchgeführt?
  • Wer wird befragt?
  • Wie lange dauern die Einzel- und Gruppeninterviews?

Interviews werden mit Projektteammitgliedern, Projektleitung und Projektauftraggebern geführt. Sowohl interne als auch externe Beteiligte werden befragt. Die Aussagen werden nachvollziehbar und knapp dokumentiert.

Im Anschluss an jedes Gespräch gleichen die Projektauditoren die Hypothesen aus der Dokumentenanalyse mit den Antworten aus den Interviews ab. Verifizieren die Aussagen der Gesprächspartner die zuvor getroffenen Annahmen oder widersprechen sie ihnen?

Im Verlauf des Projektaudits und bei den Interviews zum Projektaudit sollten folgende Aspekte beachtet werden:

  • Die Auditoren sollten ihre Interviewpartnerinnen und Interviewpartner zu Beginn über die geplante Art und Dauer des Interviews informieren.
  • Sie sollten den Umgang mit Antworten klären: Werden die Antworten vertraulich behandelt oder Aussagen anschließend mit Dritten besprochen?
  • Auditoren weisen auf die Möglichkeit hin, keine Angabe zu machen. So vermeiden sie, dass die Ergebnisse verfälscht werden.
    (Wenn die Person keine klare Antwort geben kann, etwa durch einen mangelnden Kenntnisstand, soll sie das äußern. Ein „Null-Antwort“ wird entsprechend vermerkt.)
  • Sie informieren den Interviewpartner über den weiteren Verlauf des Projektaudits und welche Rolle seine Antworten hierbei spielen.
  • Während des Interviews und im Gespräch zwischen Projektauditor und Projektmitglied sollte kein Druck entstehen. Es geht um die Sache und nicht um Schuldzuweisungen. Lockern Sie als Gesprächspartner die Atmosphäre etwa durch Eisbrecher-Fragen auf.

Wie im Audit-Gespräch hilfreiche und ehrliche Antworten gegeben werden

Fragen sollten so präzise und knapp wie möglich gestellt werden. Schließlich sollten die Antworten weder vorweggenommen noch soll der Interviewpartner beeinflusst werden.

Keine Suggestivfragen formulieren, die so gestellt sind, dass eine bestimmte Antwort naheliegt. Ein Beispiel für eine Suggestivfrage ist: „Sind Sie nicht auch der Meinung, dass …“

Wenn eine Antwort nicht eindeutig genug ist, dann sollte die Aussage nicht interpretiert werden. Es wird nachgefragt und geklärt, bis die Antwort eindeutig zu verstehen ist. Die Aussage muss knapp und unmissverständlich protokolliert werden können.

Projektauditbericht schreiben

Haben der Projektauditor alle notwendigen Informationen gesammelt und analysiert, die Befragungen durchgeführt und mögliche Maßnahmen abgleitet, schreibt er den Projektauditbericht. Die Basis dafür sind die Ergebnisse aus den Interviews und die Informationen aus der Dokumentenanalyse.

Im Projektauditbericht enthalten sind mindestens:

  • quantitative Bewertung vorab definierter Bewertungskriterien
  • identifizierte Stärken und Schwächen
  • Empfehlungen: Vorschläge für das einzelne Projekt und allgemeine Vorschläge für die zukünftige Projektarbeit im Unternehmen
  • vereinbarte Maßnahmen (Wann, von wem und auf welche Weise werden welche Maßnahmen umgesetzt?)

Häufig wird auch eine Stellungnahme der Projektleitung verfasst und in den Projektauditbericht aufgenommen.

Praxis

Das Projektaudit ist kein Projektcontrolling. Mit dem Audit wird ein Projekt insgesamt aus einer übergeordneten und neutralen Perspektive betrachtet, analysiert und bewertet. Klären Sie dazu vorab:

  • welches Projekt geprüft und auditiert werden soll,
  • warum ein Projektaudit notwendig ist,
  • wer das Audit durchführt (externer oder interner Auditor),
  • zu welchem Zeitpunkt und in welchem Zeitrahmen das Projektaudit durchgeführt werden soll.

Ein erfahrener Projektauditor bringt seinen Ablaufplan und seine Fragen mit, die er an das Projekt, die Projektleitung, die Projektmitglieder und gegebenenfalls an weitere Personenkreise stellt.

Als Projektleitung das Projektaudit vorbereiten

Die Leitung des zu auditierenden Projekts sollte sich entsprechend vorbereiten. Halten Sie dazu in der folgenden Vorlage fest,

  • welche Informationen Sie im Vorfeld für den Auditor zusammenstellen,
  • wer die einzelnen Ansprechpartner für den Auditor sind,
  • wann welche Interviews geführt werden,
  • wann gemeinsame Besprechungen stattfinden sollen.

Projektauditbericht erstellen

Der Bericht zum Projektaudit wird vom Auditor erstellt. Er fasst damit alle Erkenntnisse und Ergebnisse aus der Prüfung schriftlich zusammen.

Ergebnisse des Projektaudits umsetzen

Als Projektleiterin oder Projektleiter nutzen Sie den Auditbericht, um daraus Maßnahmen für Ihr Projekt abzuleiten. Im Prüfbericht steht meist:

  • was unbedingt oder dringend angepasst, verändert oder umgesetzt werden sollte,
  • wo es aus Sicht des Auditors Anpassungs- oder Verbesserungsmöglichkeiten gibt,
  • wie der Projektverlauf, Leistungen und Ergebnisse zu bewerten sind.

Nutzen Sie diese Informationen aus dem Projektauditbericht und erstellen Sie Ihrerseits eine To-do-Liste mit allen Punkten, die Sie nun in Ihrem Projekt umsetzen wollen.

Nutzen Sie die Ergebnisse außerdem, um Auftraggeber, Lenkungskreis, Unternehmensleitung oder andere Stakeholdern über den Projekt-Status, die externe Projektbewertung (das Audit) und den weiteren Verlauf zu informieren.

Dazu im Management-Handbuch

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