Mögliche Gründe für den Abbruch einer Ausbildung

Viele Auszubildende brechen ihre Ausbildung vorzeitig ab oder wechseln während ihrer Ausbildung das Unternehmen; in Deutschland lag diese Quote in den letzten Jahren zwischen 20 und 25 Prozent. Die Initiative zur Vertragsauflösung geht in den meisten Fällen von den Auszubildenden selbst aus. Folgende Gründe sind dafür verantwortlich:

  • Schwierigkeiten mit Ausbildern und Vorgesetzten
  • falsche Berufswahl
  • schlechte Ausbildungsqualität
  • private Probleme
  • gesundheitliche Probleme
  • finanzielle Schwierigkeiten

Diese Ergebnisse zeigen: Ausbilder und ausbildender Betrieb stehen in der Verantwortung, eine adäquate Arbeitsumgebung zu schaffen und die Qualität der Ausbildung zu gewährleisten. Zudem müssen Ausbilder den jungen Menschen während des Ausbildungs- und Lernprozesses beratend zur Seite stehen. Sie sind damit Lernbegleiter, Lernberater und Coach.

Wie Sie Zugang zum Lernenden finden

Junge Menschen suchen Anerkennung, wollen während ihrer Ausbildung oder ihres Praktikums ernst genommen werden und sie wollen selbstständig arbeiten, um ihr Können zu zeigen. Sie haben zudem bestimmte Erwartungen an das Unternehmen, die Kollegen, den Ausbilder oder andere Personen. Und sie haben oft konkrete Vorstellungen, welche Aufgaben sie erfüllen wollen.

Diese Erwartungen sollten Ausbilder und alle anderen betreuenden Personen kennen, um einen Zugang zum Lernenden zu finden. Ein Fragebogen zu Beginn der Ausbildung oder des Praktikums kann dabei helfen, um die Erwartungen der Auszubildenden und Praktikanten mit den Möglichkeiten im Unternehmen abzugleichen.

Wie Sie Azubis und Praktikanten ins Unternehmen einführen

Die neuen Azubis eines Jahrgangs werden in den meisten Betrieben (mit Bild) vorgestellt: Auf der Webseite des Unternehmens, im Intranet, in der Hausmitteilung oder der Mitarbeiterzeitschrift. Dann sind alle über die Neuankömmlinge informiert und wissen, wer noch in der Lernphase ist. Das ist vor allem dann wichtig, wenn Auszubildende direkten Kontakt zu Kunden haben.

Mit dem ersten Ausbildungstag beginnt für die jungen Menschen ein neuer Lebensabschnitt. Sie sind wahrscheinlich sehr nervös und wissen nicht recht, was sie erwartet. Auch Praktikanten betreten an ihrem ersten Tag ein neues Terrain. Dieser Tag und die ersten Wochen sollen ihnen Ängste nehmen und gut in Erinnerung bleiben.

Deshalb sollten Sie auf folgende Punkte achten:

Freundliche Einladung und Informationen vorab

Laden Sie Ihren Azubi rechtzeitig zum ersten Arbeitstag ein: Sagen Sie, wo er wann erscheinen soll und an wen er sich bei Fragen vorab wenden kann. Denkbar ist auch, ein informelles Treffen zwischen „neuen“ und „alten“ Azubis vor Ausbildungsbeginn zu organisieren. Das kann eventuelle Unsicherheiten nehmen.

Empfang am ersten Arbeitstag

Empfangen Sie Ihre Azubis und Praktikanten angemessen und stellen Sie diese den Kolleginnen und Kollegen sowie in der Abteilung vor. Wenn auch die Chefin oder ein Abteilungsleiter den jungen Menschen herzlich begrüßt und sich Zeit für ihn nimmt, wirkt das sehr positiv.

Erstes Kennenlerngespräch führen

Lernen Sie Ihren Azubi und Praktikanten in einem Gespräch kennen: Das können Sie nutzen, um Ängste abzubauen, Erwartungen zu erfragen und sich selbst vorzustellen.

Workshop zum Einstieg

Wenn mehrere Azubis gemeinsam ins neue Ausbildungsjahr starten, bietet sich ein Workshop an. Gegebenenfalls mit Azubis aus dem zweiten oder dritten Lehrjahr, die über ihre Erfahrungen und die Berufsschule berichten oder in einem Vortrag das Unternehmen vorstellen.

Rundgang im Unternehmen

Machen Sie einen Rundgang durch das Unternehmen und den Betrieb: Je nach Unternehmensgröße bekommen Azubi und Praktikant erste Eindrücke von einzelnen Abteilungen, Kollegen, Arbeitsabläufen, Arbeitsstätten. Zeigen Sie, wo sich Kantine, Pausen- und Umkleideraum etc. befinden.

Über Rechte und Pflichten informieren

Informieren Sie über Themen wie Arbeitszeit und Pausen, Urlaub und Krankheit, Arbeitssicherheit und Betriebsrat, Schreiben des Berichtshefts. Stellen Sie eine Informationsmappe zusammen mit wichtigen Telefonnummern, Namen der Kollegen, Raumplan, Urlaubsantrag, Ausbildungsverlauf und Ausbildungsrahmenplan.

Wie sich Ausbilder verhalten sollten

Der Mensch lernt vor allem durch (unbewusste) Nachahmung. Und für junge Menschen ist der Ausbilder oder die betreuende Person während der Ausbildung oder des Praktikums das Vorbild. Für Widersprüche in dem, was Ausbilder einerseits sagen und andererseits tun, haben Lernende ein Gespür. Ein Beispiel:

Beispiel

Widersprüchliches Verhalten eines Vorbilds

Ihnen ist Ehrlichkeit wichtig. Das vermitteln Sie Ihrem Azubi und Ihren Praktikanten. Sie erwarten beispielsweise, dass Ihr Schützling die Berufsschule regelmäßig besucht und Ihnen das Berichtsheft unaufgefordert vorlegt. Wenn das Telefon klingelt, sagen Sie aber gelegentlich: „Bitte geh’ du ran und sag’, dass ich nicht da bin“.

Verhält sich Ihr Schützling nicht so, wie Sie es von ihm erwarten? Kopiert er vielleicht Ihr Verhalten? Oft liegen Welten zwischen Theorie und Praxis. Bedenken Sie:

  • Zu welchem Verhalten fordern Sie Ihren Schützling häufig auf?
  • Welche Forderungen müssen Sie stellen?
  • Welche dieser Forderung leben Sie so vor, wie Sie es von Ihrem Azubi und Praktikanten erwarten?

Sprechen Sie das Bedürfnis Ihres Azubis und Ihrer Praktikanten nach Anerkennung an. Das fördert ihre Lernmotivation und ihr Selbstbewusstsein. Dazu gehören folgende Aspekte:

  • Loben Sie Leistungen unmittelbar. Anerkennung können Sie auch in Form von Glückwunschkarten für besondere Leistungen, zum Geburtstag, zu Weihnachten oder beim Wechsel in eine andere Abteilung ausdrücken.
  • Nehmen Sie sich Zeit und hören Sie zu. Was banal klingt, geht im Arbeitsalltag oft unter.
  • Kommunizieren Sie offen, respektvoll und vertrauensvoll miteinander und zeigen Sie, dass Sie jederzeit ein offenes Ohr haben.
  • Wenn Ihr Azubi und Ihr Praktikant Unterstützung brauchen, helfen Sie in der Form, die am meisten nützt.
  • Azubis und Praktikanten sind relativ unerfahren und machen Fehler. Erkennen Sie die Mühe trotzdem an. Auch ein „Danke“ für ernste Bemühungen hören alle Menschen gerne.

Wie Sie mit schwierigen Auszubildenden umgehen

Ausbilder sind nach der AEVO verpflichtet, „die soziale und persönliche Entwicklung von Auszubildenden zu fördern, Probleme und Konflikte rechtzeitig zu erkennen sowie auf eine Lösung hinzuwirken“.

Schwierigkeiten bei der Ausbildung erkennen

Das heißt, der Ausbilder sollte auf Symptome für Lern- und Verhaltensauffälligkeiten des Lehrlings achten, um rechtzeitig Einfluss zu nehmen. Dazu zählen:

  • Verhaltensauffälligkeiten: Unpünktlichkeit, Fehlzeiten, Angeberei, Aggressivität, Kontaktscheu, Interesselosigkeit, Arbeitsverweigerung
  • Lernauffälligkeiten: Viele Fehler, leichtes Ablenken, ständiges Schauen auf das Smartphone, Konzentrationsschwierigkeiten, Unsicherheiten bei der Ausführung

Ursachen erkennen und bei der Problemlösung beachten

Auszubildende und Schüler im Praktikum befinden sich in einem „schwierigen“ Alter. Gerade die Lebensphase zwischen 11 und 18 Jahren ist von Gefühlschaos und Null-Bock-Stimmung geprägt. Die Persönlichkeit ist noch nicht gefestigt.

Hinzu kommt, dass Werte, Pflichten und Regeln in jeder Familie unterschiedlich vorgelebt werden. Die jungen Menschen wachsen in verschiedensten, teils schwierigen Familienverhältnissen auf (alleinerziehendes Elternteil, Patchwork-Familien, arbeitslose Eltern, Kinder mit Migrationshintergrund). Folglich haben es Ausbilder auch mit Lernschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten zu tun. Häufig sind sie miteinander verbunden.

Wie Sie ein Ausbildungsgespräch führen

Ein bestimmtes Verhalten oder Schwierigkeiten beim Lernen sind noch kein Anlass für ein klärendes Gespräch. Aufgrund von Termindruck, der Übertragung weniger motivierender Arbeiten oder Fehlkommunikation kann die Ursache auch im Betriebsalltag liegen.

Wenn aber die Auffälligkeiten schwerwiegend sind oder Sie diese über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet haben, sollten Sie die Ursachen dafür erörtern. Am besten in einem Beratungsgespräch. Überlegen Sie zuvor:

  • Was ist los? Nicht: Was ist zu tun?
  • Was macht mein Schützling?
  • Wie beeinflusst er mit diesem Verhalten die aktuell unbefriedigende Situation?

Auffälligkeiten können viele Ursachen haben: finanzielle Schwierigkeiten, Sucht- oder Beziehungsprobleme, mangelnde Integration (bei ausländischen Azubis).

Deshalb sind für das Beratungsgespräch Offenheit und Vertrauen wichtige Voraussetzungen aufseiten des Ausbilders. Der Azubi möchte einen Rat, Informationen oder andere Hilfe. Der Ausbilder fungiert also als Berater und Begleiter und soll den jungen Menschen unterstützen, seine individuelle Lösung und seine Einsichten selbst zu finden. Der Ausbilder sollte dazu:

  • aktiv zuhören,
  • sich in die Welt des Azubis hineinversetzen,
  • Fragen aus verschiedenen Perspektiven stellen,
  • Selbstreflexion des Azubis anregen und
  • Impulse für neue Perspektiven geben: „Denken Sie einmal in die Richtung ... weiter“.

Ein Leitfaden für Ausbildungsgespräche

Andreas Buckert und Michael Kluge stellen in ihrem Buch „Der Ausbilder als Coach“ folgenden Gesprächsleitfaden für Beratungsgespräche mit Auszubildenden vor. Sie nennen darin die einzelnen Schritte in einem Beratungsgespräch und formulieren Fragen, die Sie als Coach Ihrem Azubi stellen sollten:

1. Ausgangssituation und Erwartungen

Klären Sie die Situation und prüfen Sie, ob Sie tatsächlich für dieses Problem zuständig und der richtige Gesprächspartner sind. Besprechen Sie mit dem Azubi:

  • Welches Problem haben Sie?
  • Was ist Ihre Frage?
  • (Wie) Kann ich Ihnen helfen?
  • Was wünschen Sie sich von mir?
  • Was wollen Sie nach Ende des Gesprächs erreicht haben?

2. Problem erläutern lassen

Der Azubi soll das Problem aus seiner Sicht beschreiben – in der Beschreibung könnte die Lösung liegen:

  • Was ist konkret das Problem?
  • Wann, mit wem und seit wann tritt es auf?
  • Inwieweit ist es Ihr Problem als Auszubildender und wie sind Sie darin involviert?

3. Mögliche Lösungen besprechen

Erfragen Sie bisherige Lösungen – hat der Azubi erste Ideen oder erwartet er eine fertige Lösung. Fragen Sie Ihren Azubi:

  • Was haben Sie bislang unternommen, um das Problem zu lösen?
  • Mit welchem Ergebnis?
  • Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem Ergebnis?
  • Wie sähe die Lösung unter idealen Bedingungen aus?

4. Lösung gemeinsam finden

Entwickeln Sie gemeinsam Lösungen – mit offenen Fragen, Aufmunterungen oder indem Sie seine Gedanken aufgreifen. Klären Sie gemeinsam:

  • Wie sähe eine Kombination der Vorschläge aus?
  • Wie wäre es, wenn Sie ...?
  • Was wünschen Sie sich stattdessen?

5. Lösung umsetzen

Lassen Sie einen Weg zur Umsetzung der Lösung beschreiben. Der Azubi soll selbst festlegen, wie er die Lösung anwendet und was genau er dafür tun will. Fragen Sie:

  • Welchen Weg wollen Sie nun konkret gehen?
  • Welchen Weg bevorzugen Sie?
  • Was sind Ihre ersten Schritte?

6. Zeitplan erstellen

Um zu prüfen, ob die Lösung und die damit verbundenen Verbesserungen und Entwicklungsziele erreicht werden, braucht es einen Zeitplan. So können Sie erkennen, ob es Fortschritte gibt und was erreicht wurde. Lassen Sie den Azubi einen Zeitpunkt bestimmen:

  • Wann und wo werden Sie Ihr Ziel umsetzen?
  • Bis wann wollen Sie beweisen, dass ...?

7. Bilanz ziehen

Schließen Sie das Beratungsgespräch mit dem Azubi mit einer Bilanz oder einem Fazit ab. Machen Sie damit noch einmal deutlich, was Sie beide nun aus dem Gespräch gelernt haben. Halten Sie fest:

  • Was ist Ihnen klar geworden?
  • Was haben Sie für sich noch nicht geklärt?
  • Was nehmen Sie (als Auszubildender) aus dem Gespräch mit?

Das Konfliktgespräch mit dem Azubi als letzter Ausweg

Ist keine Besserung in Sicht, wird ein Konfliktgespräch nötig. Hier geht es darum, eine gemeinsame Lösung zu finden, die als konkrete Maßnahmen (schriftlich) festgelegt werden. Hierbei steht die Frage „Worauf können wir uns verständigen?“ im Mittelpunkt.

Praxis

Erwartungen an Ausbildung und Praktikum erfragen

Junge Menschen haben viele Erwartungen an Ausbildungsstätte und Ausbildungsinhalt. Erfragen Sie diese mithilfe des folgenden Fragebogens.

Neue Kolleginnen und Kollegen einarbeiten

Überlassen Sie in den ersten Tagen nichts dem Zufall und bereiten Sie die ersten Tage und die Orientierungsphase für die Azubis und Praktikanten, Ihre Kolleginnen und Kollegen, gut vor:

  • Wie sollen die ersten Arbeitstage für Ihre Azubis und Praktikanten aussehen?
  • Was müssen Sie dafür vorbereiten?
  • Wie möchten Sie diese Einstiegsphase gestalten?
  • Welche Informationen müssen, welche wollen Sie geben?

Klären Sie diese Fragen mithilfe der folgenden Checkliste.

Beratungsgespräch initiieren

Beobachten Sie die Verhaltensauffälligkeit genau:

  • Wie unterscheidet sich das Verhalten Ihrer Azubis von dem anderer Azubis oder anderer Mitarbeiter?
  • Was ist ungewöhnlich?
  • Gibt es Auswirkungen auf die Leistung des Azubis?
  • Haben sich seine Noten im Laufe der Ausbildung verschlechtert?

Entwickeln Sie gemeinsam mit dem betroffenen Azubi eine Lösung für das Problem. Denken Sie daran: Es ist nicht Ihre Aufgabe, eine Lösung zu finden, sondern den Weg dorthin zu bereiten.

Bereiten Sie das Beratungsgespräch mit dem folgenden Leitfaden vor.

Kritikgespräch führen

Führen Sie sich frühere Kritikgespräche vor Augen: Wie sind diese verlaufen?

Machen Sie sich Notizen, wie Sie argumentiert haben oder besser argumentieren könnten. Spielen Sie die Situation im Kopf oder mit Kollegen durch. Reflektieren Sie danach die Situation, Ihre Gefühle und den Erfolg.

Nutzen Sie für das Kritikgespräch mit Azubis und Praktikanten die folgenden Vorlagen.

Dazu im Management-Handbuch

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