ProduktplanungMethoden für die Produktplanung

Das Produktmanagement nutzt für die Produktplanung unterschiedliche Methoden und Werkzeuge. Sie helfen bei den Aufgaben der Produktplanung. In diesem Abschnitt finden Sie in der Reihenfolge der Planungsphasen eine Auswahl und Beschreibung der Methoden, die oft eingesetzt werden. Passende Vorlagen finden Sie in den jeweils genannten Handbuch-Kapiteln.

Wofür Methoden der Produktplanung gebraucht werden

Weil das Produktmanagement mit der Produktplanung so vielfältige Aufgaben bearbeiten muss, braucht es zahlreiche Methoden und einen umfangreichen Werkzeugkasten. Diese lassen sich in folgende Kategorien unterteilen: Methoden und Werkzeuge für

  • die Potenzialanalyse am Markt und im Wettbewerb
  • die Ideenfindung für neue Produkte und Geschäftsmodelle
  • die Übersetzung von Kundenbedürfnissen, Kundenanforderungen und Nutzenerwartungen in Produktkonzepte, Produktspezifikationen und Produktlösungen
  • die Produktpflege und Produktbetreuung
  • das Produkt-Controlling und Erfolgsmessung

Methoden für die Potenzialanalyse

In der ersten Phase der Produktplanung müssen Potenziale und Chancen für neue Produkte oder Geschäftsmodelle sowie für Produktverbesserungen, Produktdifferenzierungen und Produktdiversifikationen erkundet und entdeckt werden. Das ist Aufgabe der Marktforschung und der Marktanalyse sowie des Business Development. Die Methoden und Werkzeuge, die dabei hilfreich sein können, werden in den Handbuch-Kapiteln zur Marktanalyse und zur Szenario-Technik ausführlich erläutert und durch Vorlagen ergänzt.

Marktanalyse

Mit der Marktanalyse werden insbesondere beobachtet und bewertet:

  • Veränderungen bei der Zielgruppe, den potenziellen Kunden, bezüglich einzelner Kundenmerkmale wie beispielsweise Altersstruktur, Einkommen, Wohnverhältnisse, Werte und Normen.
  • Technologische Entwicklungen, neue Grundlagentechnologien oder spezielle Patente, die für die Produkte des Herstellers wichtig oder hilfreich sein können; für die Recherche nach geeigneten Patenten eignet sich die Patentanalyse.
  • Veränderungen bei Politik und Gesetzgebung, neue Gesetze, Verordnungen, Normen oder technische Regelungen, die umgesetzt werden müssen; daraus ergeben sich oft Chancen, mit neuen Produkten die Umsetzung dieser rechtlichen Anforderungen zu unterstützen.
  • Änderungen im Wettbewerb und in der Branchenstruktur, wenn neue Unternehmen in den Markt eindringen oder alte Wettbewerber den Markt verlassen, wenn Ersatzprodukte oder neue Geschäftsmodelle erkennbar werden, wenn sich die Lieferantenstruktur verändert oder Einkaufsteile teuer werden; auch in diesen Fällen sind damit nicht nur Risiken und Gefahren verbunden, sondern auch Chancen und Potenziale.

Bei der Analyse und Bewertung von Kunden und Wettbewerbern helfen Ihnen weitere Vorlagen und Erläuterungen aus den Handbuch-Kapiteln:

Für diese unterschiedlichen Analysen müssen meistens Daten und Informationen aus unterschiedlichsten Quellen gesammelt und ausgewertet werden. Für spezielle Fragestellungen werden auch selbst Befragungen, Beobachtungen, Expertenworkshops oder Laborversuche durchgeführt.

Szenario-Technik

Mit der Szenario-Technik werden die Faktoren, die im Rahmen der Marktanalyse als bedeutsam bewertet wurden, in einem Modell zusammengeführt und mögliche Zusammenhänge, Wirkungen und Abhängigkeiten analysiert und bewertet. So werden die wichtigen Triebkräfte im Markt sichtbar und mögliche Chancen, Risiken und Potenziale lassen sich einschätzen und dann für die Produktplanung nutzen. Dabei werden unterschiedliche Szenarien dazu erstellt, wie groß und bedeutsam diese Potenziale sind und wie sie erschlossen werden können. Oft werden damit auch spezielle Anwendungsfelder oder Kundensegmente sichtbar.

Methoden für Produktideen und neue Geschäftsmodelle

In einem kreativen und innovativen Umfeld sind die Erkundung von Marktpotenzialen und die Ideenfindung für neue Produkte und Geschäftsmodelle eng miteinander verknüpft und tägliche Praxis. Manchmal sind es unzählige Trial-and-Error-Prozesse, mal sind es innovative Persönlichkeiten mit viel Gespür für Trends und Kunden, mal ist es die systematische Beobachtung von Märkten, Technologien und gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, die zu ganz neuen Produkten oder innovativen Geschäftsmodellen führen. Solche Umfelder finden sich oft in kleinen Start-up-Unternehmen. Große Unternehmen versuchen das zu simulieren, indem sie:

  • mit Innovation-Labs vergleichbare Einrichtungen gründen,
  • die speziellen Methoden mit Design Thinking nachahmen oder
  • die Start-ups rechtzeitig kaufen.

Neue Produktideen entstehen nicht nur in kleinen Teams mit visionären Akteuren, sondern auch durch die enge Zusammenarbeit zwischen Kunde, Hersteller und Lieferanten. In speziellen Projekten werden gemeinsam neue Ideen entwickelt, spezifiziert und ausprobiert. Die Methoden dazu sind:

  • Lead-User-Konzept: mit ausgewählten Vorreiter-Kunden wird intensiv an neuen Produktideen gearbeitet, die sich aus der Anwendung und den täglichen Anforderungen dieser speziellen Kunden ableiten lassen.
  • Open Innovation: mit vielen, oft unbekannten Kunden und Nutzern oder anderen Akteuren im Außenraum (Community oder Crowd) werden Probleme, Aufgaben gemeinsam analysiert, kreative Lösungen ausgetauscht und diskutiert.

Kreativitätstechniken anwenden

Grundlage für alle diese methodischen Herangehensweisen für erfolgsträchtige Produktideen und innovative Geschäftsmodelle ist Kreativität. Um sie zu stimulieren, gibt es unzählige Kreativitätstechniken. Im Handbuch-Kapitel Kreativitätstechniken anwenden sind viele davon dargestellt und die jeweilige Vorgehensweise erläutert. Das Spektrum umfasst zum Beispiel:

  • technisches Improvisieren
  • progressive Abstraktion
  • Arbeit mit Innovations-Checklisten
  • visuelle Konfrontation
  • Morphologischer Kasten
  • Stoff-Feld-Analyse
  • Bionik
  • widerspruchsorientierte Innovationsstrategie
  • Idealitätskonzept
  • TRIZ-ARIZ

Produktideen und Geschäftsmodelle in der Business Canvas modellieren und visualisieren

Mit dem Tableau der Business Canvas kann aus allgemeinen Ideen und kreativen Einfällen Schritt für Schritt ein erfolgsträchtiges Produkt oder ein neues Geschäftsmodell erarbeitet werden. Dazu werden die Kernelemente eines Geschäftsmodells genau analysiert und neue Lösungen dafür ausgedacht. Die Kernelemente sind dabei:

  • Kundensegmente: Für wen schaffen wir einen Wert? Wer sind die wichtigsten Kunden?
  • Wertangebot: Welchen Wert können wir den Kunden liefern? Welches Kundenproblem könnten wir so lösen? Welche Produkte, Produktmerkmale und Dienstleistungen können das leisten? Welche Kundenanforderungen erfüllen wir damit?
  • Erlösquellen: Für welchen Wert bezahlen die Kunden wirklich? Wofür bezahlen sie bislang? Wie bezahlen sie? Wie würden sie gerne bezahlen? Was könnte eine einzelne Erlösquelle einbringen?

Diese und die übrigen Elemente der Business Canvas zeigt Abbildung 12. Indem dieses Tableau erarbeitet und gefüllt wird, entsteht ein Konzept für ein Produkt oder Geschäftsmodell, das mit einem Businessplan verknüpft werden kann. Ausführliche Erläuterungen und Vorlagen dazu finden Sie im Handbuch-Kapitel Geschäftsmodell entwickeln.

Abbildung 12: Business Canvas mit Erläuterungen
Quelle: Business Model Foundry AG; strategyzer.com

Mit Quality Function Deployment (QFD) Kundenwünsche in Produktmerkmale übertragen

Das Quality Function Deployment (QFD) ist eine Methode, um Kundenbedürfnisse, Kundenwünsche und Kundenanforderungen in Leistungen eines Unternehmens und Produktmerkmale, Funktionen oder Eigenschaften zu übersetzen. Damit kann die Bedeutung einzelner Produktkomponenten ermittelt werden. Diese können dann gezielt entwickelt oder verbessert werden. Die Darstellung des Quality Function Deployment erfolgt in einem House of Quality, wie es in Abbildung 13 dargestellt ist. Ausführliche Erläuterungen finden Sie im Handbuch-Kapitel Quality Function Deployment.

Abbildung 13: House of Quality nach der Methode Quality Function Deployment

Ausgangspunkt sind die Vorstellungen des Kunden, was ihm wertvoll und wichtig erscheint oder das, was das Unternehmen, Marketing und Vertrieb meinen, dass es für die Kunden wichtig ist. Grundlage dafür ist die Kundenanalyse. Dann schließen sich mit dem Quality Function Deployment mehrere Schritte an:

  • Aus Kunden- und Marktanforderungen werden Leistungsmerkmale abgeleitet und in ihrer Bedeutung bewertet; die Bewertung erfolgt aus Marktsicht und aus technischer Sicht.
  • Die Bewertung aus Marktsicht entsteht durch einen Vergleich der Lösungen mit Wettbewerbsprodukten, alternativen Lösungen oder mit Erkenntnissen aus dem Vertrieb und dem Beschwerdemanagement.
  • Aus den Leistungsmerkmalen werden die Funktionen eines Produkts und seiner Komponenten oder die einzelnen Elemente einer Dienstleistung abgeleitet.
  • Damit lassen sich mit mehreren, aufeinander aufbauenden House of Quality-Darstellungen sogar Prozessschritte, Prüfpläne und Produktionsabläufe ermitteln.

So wird deutlich, welche Merkmale und Funktionen für den Kunden besonders wichtig sind und wie diese im Wettbewerb zum Vorteil gereichen. Mit dem Quality Function Deployment können also Produkte spezifiziert, Lastenhefte erstellt oder neue Produkteigenschaften und Funktionen definiert werden.

Mit dem Kano-Modell die entscheidenden Produktmerkmale finden

Das Kano-Modell hilft dabei, Produktmerkmale genauer zu unterscheiden, um sie besser auf die Kundenanforderungen auszurichten. Die Produktmerkmale werden in drei Gruppen eingeteilt:

  • Basis-Merkmale müssen aus Sicht des Kunden auf jeden Fall vorhanden sein.
  • Leistungsmerkmale werden bei der Kaufentscheidung bewertet und für einen Kosten-Nutzen-Vergleich herangezogen.
  • Begeisterungsmerkmale werden vom Kunden nicht erwartet, können seine Kaufentscheidung aber stark beeinflussen.

Das Kano-Modell kann bei der Produktplanung helfen, um Produktmerkmale an den entscheidenden Stellen zu verbessern oder neue Funktionen und Leistungselemente im Produkt einzubauen. Diese Produktmerkmale werden von den Kunden besonders wertgeschätzt und können als Unique Selling Position genutzt werden. Außerdem werden mit dem Kano-Modell und der Zuordnung der Produktmerkmale Trends sichtbar in Bezug auf die technologische Entwicklung und Veränderungen bei den Kundenerwartungen; Begeisterungsmerkmale werden im Laufe der Zeit durch einen Gewöhnungseffekt zu Basis-Merkmalen.

Conjoint-Analyse für Produktpflege und Produktverbesserungen

Im Rahmen der Conjoint-Analyse werden mehrere Produktmerkmale und der Preis eines Produkts zu einem Bündel geschnürt. Anschließend werden Probanden aus der Zielgruppe (Kundensegment) befragt, welches Bündel sie bei einem Paarvergleich besonders schätzen. Mit Statistik lässt sich dann jedem Produktmerkmal und dem Preis ein Nutzwert zuordnen. Für die Produktplanung können daraus mehrere Informationen gewonnen werden:

  • Es wird sichtbar, welche Produktmerkmale für die Zielgruppe und die Kunden besonders wichtig sind, welche sie weniger schätzen und auf welche sie sogar verzichten können. Damit lassen sich gezielt Maßnahmen für die Produktpflege und Produktverbesserungen erkennen; und es wird sichtbar, welche Produktvarianten gar nicht mehr angeboten werden müssen.
  • Gleichzeitig wird deutlich, welchen Nutzen die Zielgruppe mit dem Produktmerkmal verbindet. Damit wird der Bezug zum Nutzen sichtbar gemacht.
  • Schließlich kann ermittelt werden, welche Produktmerkmale für die Preisgestaltung wichtig sind. Es lassen sich Produktdifferenzierungen und Preisdifferenzierungen ableiten, die im Produktlebenszyklus und für die Produktpflege entscheidende Stellhebel sind.

Mit Roadmapping Produktentwicklung und Produktmerkmale langfristig planen

Alle Produktmerkmale, Eigenschaften, Funktionen, Produktdifferenzierungen, Varianten und neue Technologien, die dabei zum Einsatz kommen können, werden in einer sogenannten Roadmap zusammengestellt und dokumentiert. Die Roadmap ist ein Fahrplan für die langfristige Entwicklung oder Weiterentwicklung eines Produkts. Im Bereich der Software-Entwicklung wird die Roadmap auch als Feature-List bezeichnet.

Wie die Roadmap entwickelt wird und wie sie aufgebaut ist, finden Sie ausführlich im Handbuch-Kapitel Roadmapping mit Vorlagen zur Vorgehensweise und Methode.

Mit der Wertanalyse Nutzen und Kosten der Produkte optimieren

Die Wertanalyse ist ein systematisches Verfahren, um solche Kosten eines Produkts oder eines Prozesses aufzuspüren, die weder der Qualität, dem Gebrauch, der Lebensdauer, dem Ansehen noch der Verkaufskraft des Produkts etwas nützen. Wenn diese Kosten und Elemente sichtbar sind, können die Produkte genau dort gezielt verbessert werden. Ziel der Wertanalyse ist demnach, die Produkte und Prozesse des Unternehmens so zu verbessern, dass Aufwände (Kosten) reduziert werden und gleichzeitig die Marktanforderungen erfüllt oder besser erfüllt werden.

Die Stärke der Wertanalyse ist, dass sie Methoden der Produktentwicklung und der Prozessplanung zusammenführt und pragmatisch anwendet. Sie hilft vor allem, in Funktionen und in Wert zu denken. Dadurch wird eine konsequente Markt- und Preisorientierung gefördert. Damit ist die Wertanalyse eine gute Methode, um Produkte am Markt zu pflegen und zu verbessern. Dazu werden einzelne Produkte wertanalytisch betrachtet und analysiert. Das erfolgt in Rahmen eines Wertanalyse-Projekts. Es kann helfen, wenn folgende Probleme sichtbar werden:

  • Die Preise eines Produkts sind im Vergleich zum Wettbewerb zu hoch und am Markt nicht durchsetzbar. Marktanteile gehen verloren. Es müssen Einsparmöglichkeiten gefunden werden, um konkurrenzfähig zu bleiben.
  • Mit einem Produkt könnten weitere Zielgruppen und Kundensegmente erreicht werden. Allerdings ist der Produktpreis für diese zu hoch. Im Rahmen der Wertanalyse wird ermittelt, wie das Produkt verändert werden kann, damit die Herstellkosten sinken und der Produktpreis für diese Zielgruppe attraktiv wird.
  • Das Unternehmen ist zu langsam. Die Lieferzeiten der Produkte sind zu hoch. Die Entwicklungszeiten für neue Produkte oder für Produktvarianten sind zu lange. Wettbewerber sind mit neuen oder erneuerten Produkten deutlich schneller am Markt präsent. Mit Wertanalyse-Projekten werden die relevanten Prozesse untersucht und verbessert.

Ausführliche Erläuterungen zu dieser Systematik finden Sie im Handbuch-Kapitel Wertanalyse.

Praxis

Machen Sie sich mit den Methoden, Werkzeugen und Vorgehensweisen vertraut, die Sie für Ihre Produktplanung und Produktpflege benötigen. Ziehen Sie bei Bedarf Experten hinzu, die sich mit der jeweiligen Methode gut auskennen und die Sie für spezielle Fragestellungen einbinden können. Stimmen Sie sich dazu auch mit den Fachabteilungen in Ihrem Unternehmen ab.

Für die Methodenauswahl und den Methodeneinsatz ist wichtig:

  • Stellen Sie die Fragen zusammen, die Sie im Rahmen der Produktplanung für das betrachtete Produkt beantworten wollen.
  • Überprüfen Sie für jede Frage, welche Methoden Sie einsetzen können, um die Antwort zu erhalten.
  • Reflektieren Sie kritisch, wie zuverlässig die Antwort mit diesen Methoden ermittelt werden kann. Wo bleibt Unsicherheit?
  • Überprüfen Sie, ob Sie diese Methoden aufgrund der verfügbaren Zeit und Budgets anwenden können.

Ausführliche Erläuterungen und Vorlagen zu den genannten Methoden finden Sie in diesen Handbuch-Kapiteln:

Dazu im Management-Handbuch

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